Prozesstermine in PKK-Verfahren für Dezember

Im Dezember werden in Hamburg, Celle, Koblenz und Frankfurt vier laufende PKK-Prozesse fortgesetzt. Angeklagt sind kurdische Aktivisten, denen nach dem Gesinnungsparagrafen 129b langjährige Haftstrafen drohen.

Im Dezember werden vier laufende PKK-Prozesse in Hamburg, Celle, Koblenz und Frankfurt fortgesetzt. Das teilt der Kölner Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland, AZADÎ e.V., mit und informiert über die Verhandlungstermine. Bei den Angeklagten handelt es sich um die kurdischen Aktivisten Kenan Ayaz, Mehmet Çakas, Sabri Çimen und Ali Özel. Sie alle sind nach dem Gesinnungsparagrafen 129b angeklagt und befinden sich in Untersuchungshaft. AZADÎ ruft zu Solidarität mit den Angeklagten und dazu auf, die Prozesse zu besuchen. „Nicht die Angeklagten sind zu verurteilen, sondern die Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in Deutschland und der Staatsterrorismus des türkischen AKP/MHP-Regimes unter Recep Tayyip Erdoğan“, fordert der Rechtshilfefonds.

Kenan Ayaz (offiziell Ayas), Hanseatisches OLG Hamburg

Dienstag, 5. Dezember
Donnerstag, 7. Dezember
Montag, 11. Dezember
Donnerstag, 14.Dezember
Dienstag, 19. Dezember
Mittwoch, 20. Dezember und
Donnerstag, 21. Dezember

Die Verhandlungen finden jeweils um 9:30 Uhr vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg, Sievekingplatz 3, statt.

Mehmet Çakas, OLG Celle (Prozesseröffnung 4.9.2023)

Dienstag, 12. Dezember
Mittwoch, 13. Dezember
Dienstag, 19. Dezember und
Mittwoch, 20. Dezember

Die Verhandlungen beginnen dienstags jeweils um 10:00 Uhr und mittwochs jeweils um 9:30 Uhr vor dem OLG Celle, Kanzleistraße, statt.

Sabri Çimen, OLG Koblenz (Prozesseröffnung 31.8.2023)

Dienstag, 5. Dezember
Mittwoch, 6. Dezember
Dienstag, 12. Dezember
Mittwoch, 13. Dezember
Dienstag, 19. Dezember und
Mittwoch, 20. Dezember

Die Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr vor dem OLG Koblenz, Regierungsstr. 7

Ali Özel, OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 24.4.2023)

Freitag, 1. Dezember und
Freitag, 15. Dezember

Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr vor dem OLG Frankfurt/M., Saal E II, Konrad-Adenauer-Str 20

129b-Verfahren wegen DHKP-C-Mitgliedschaft

Nicht nur gegen die kurdische Befreiungsbewegung, sondern auch gegen Linke aus der Türkei wird fleißig die Keule des „Terrorparagraphen“ 129b geschwungen. AZADÎ informiert über Verhandlungstermine in solch einem Verfahren gegen Özgül Emre, Ihsan Çibelik und Serkan Küpeli. Ihnen wird vorgeworfen, das sogenannte Deutschland-Komitee für die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) gebildet zu haben. Der Prozess war am 14. Juni 2023 eröffnet worden. Die weiteren Termine:

Dienstag, 5. Dezember
Mittwoch, 6. Dezember
Dienstag, 12. Dezember
Dienstag, 19. Dezember und
Donnerstag, 21. Dezember

Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr vor dem OLG Düsseldorf-Hamm, Kapellweg 36

Strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen

Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann Ende der 1980er Jahre nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung) und ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied dann im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische“ Vereinigung im Ausland gem. § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seitdem von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.

In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen (Gebiets-, Regions- und Sektorleiter). Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können aber auch Einzelermächtigungen erteilt werden gegen Menschen, deren Funktion die Behörden als weniger hochrangig einstufen. Unserer Kenntnis zufolge sind bislang 65 Aktivist:innen von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen; zehn Kurden befinden sich derzeit in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft.

In jüngster Zeit erteilt das FDP-geführte Bundesjustizministerium zunehmend Einzelermächtigungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist:innen nach §§ 129a/b. Weil die Behörden bei den meisten wegen eines festen Wohnsitzes und einer Familiengebundenheit keine Fluchtgefahr annehmen, bleiben sie von einer Inhaftierung verschont. Ihre genaue Zahl ist AZADÎ nicht bekannt.

Titelfoto: Demonstration gegen das PKK-Verbot am 18. November 2023 in Berlin © Defend Kurdistan