Eine Anhängerin der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) muss sich seit heute vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle verantworten. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle wirft der 32-jährigen Deutschen die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor. Sie soll im Oktober 2014 aus Hannover nach Syrien gereist sein, um sich als Ehefrau eines „IS-Kämpfers“ im Pseudostaat niederzulassen.
Laut Anklage identifizierte sich die Angeklagte spätestens Mitte des Jahres 2014 - motiviert durch ihren damaligen Freund - mit der Ideologie des IS. Er soll bereits im Mai 2014 als Teil der sogenannten „Wolfsburger Salafistengruppe“ nach Syrien ausgereist sein, um sich der Terrorgruppe als „Kämpfer“ zur Verfügung zu stellen.
Die nach islamischem Ritus verheirateten Eheleute sollen in einer Wohnung in der Stadt Tabqa gelebt haben. Die Beschuldigte habe dort die vom IS vorgesehene Rolle der „Ehefrau eines Kämpfers des Kalifats“ ausgeübt und von den Versorgungsleistungen des IS profitiert. Neben der Führung des Haushaltes und der umfassenden Unterstützung des Ehemanns soll sie Kinder anderer IS-Söldner zeitweilig betreut haben.
Nachdem ihr Ehemann bei „Kampfhandlungen“ getötet wurde, habe die Angeklagte zunächst als Witwe beim IS gelebt und später einen weiteren IS-Dschihadisten geheiratet. Ende 2017 kam sie bei einem Schleusungsversuch in die Türkei in „kurdischen Gewahrsam“– gemeint sind die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) – und wurde 2019 nach Deutschland abgeschoben.
Am ersten Prozesstag habe die Angeklagte ausführliche Angaben gemacht, sagte ein Gerichtssprecher. Für die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland droht ein Strafrahmen zwischen einem Jahr und zehn Jahren Haft. Für den Prozess sind insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil könnte nach dieser Planung am 3. September gesprochen werden. Die 32-Jährige befindet sich wegen „fehlender Haftgründe“ auf freiem Fuß.
Prozess gegen weitere IS-Rückkehrerin in Celle
Eine weitere IS-Witwe aus der Wolfsburger Salafistengruppe steht ab dem 2. September in Celle vor Gericht. Laut Anklage reiste die 36-Jährige ebenfalls 2014 ihrem Ehemann nach Syrien hinterher, um sich mit ihren minderjährigen Kindern dem IS anzuschließen. Auch sie lebten in Tabqa und bezogen Gelder von der Dschihadistenmiliz. Die Kinder soll die Frau nach der radikal-islamistischen Lehre der Terroristen erzogen haben. Darüber hinaus hätten sie Bomben- und Flugzeugangriffe miterleben müssen.
Nach dem Tod ihres Ehemanns im Jahr 2017 soll die Wolfsburgerin versucht haben, ihre Ausreise aus Syrien zu organisieren. Sie soll schließlich im Juni 2018 in der Türkei festgenommen und im August 2018 nach Deutschland gekommen sein. In ihrem Fall wurden insgesamt 15 Verhandlungstage bis Anfang Februar angesetzt.
Titelbild: Anti-IS-Operation in Camp Hol, Februar 2024 (c) QSD