Am 19. März beginnt vor einem türkischen Gericht in der nordkurdischen Provinz Mêrdîn (Mardin) der Prozess gegen Sefer „Aho“ Bileçen. Dem Pfarrer der syrisch-orthodoxen Mor-Yakup-Kirche wird „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vorgeworfen, weil er Guerillakämpfern Zutritt zu seiner Kirche gewährte und ihnen Brot und Wasser gab.
Abt Aho war am 8. Januar in Nusaybin (Nisêbîn) festgenommen und einen Tag später verhaftet worden. Die Anschuldigungen gegen ihn beruhen auf den Aussagen eines Kronzeugen und ehemaligen Guerillakämpfers, der sich davon Strafminderung verspricht. Nach fünf Tagen in Untersuchungshaft ordnete das zuständige Gericht die Entlassung des Pfarrers an. Nur zwei Tage später ließ die Behörde die Anklage gegen ihn zu.
Die Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft beschäftigt sich hauptsächlich mit der Historie der kurdischen Arbeiterpartei PKK und dem „Modell eines demokratisch-autonomen Kurdistans“ des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses DTK (Demokratischer Gesellschaftskongress). Zu den widersprüchlichen Vorwürfen heißt es nur knapp, Abt Aho habe zunächst nicht gewusst, dass es sich bei den Hilfesuchenden um Guerillakämpfer handelt. Als er erfuhr, dass es Mitglieder der HPG seien, habe er sie darum gebeten, die Kirche zu verlassen. Da der Abt den Vorfall aber nicht den Sicherheitsbehörden meldete, und „aufgrund der Häufigkeit und Vielfältigkeit seiner unterstützenden Aktivitäten“, müsste die Straftat als konstant bewerten werden. Es sei ersichtlich, dass der Angeklagte in die „Organisationshierarchie“ eingebunden ist, weil er den Guerillakämpfern Unterschlupf gewährte.
Im Rahmen einer Konsultation mit einer Abordnung der Anwaltskammer Riha (Urfa) hatte sich Abt Aho noch während der Untersuchungshaft zu den Vorwürfen gegen ihn geäußert und erklärt, jederzeit wieder Menschen, die sich in Not befinden, zu helfen. Er tue dies nicht aus ideologischen Gründen oder für irgendeine Organisation, sondern aus religiöser und spiritueller Überzeugung.
Der Vorfall, der dem Pfarrer zum Vorwurf gemacht wird, ereignete sich im Jahr 2018. Damals geriet Bileçen deshalb bereits mit der Kommandantur der örtlichen Militärpolizei in Konflikt. Man legte ihm nahe, „Sicherheitsvorkehrungen“ zu treffen, damit sich so etwas nicht wiederholt. „Die Sache wurde schließlich protokollarisch festgehalten. Ich ging davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist. Wer aber an meine Tür kommt, den weise ich nicht ab. Wenn jemand meine Hilfe benötigt, werde ich sie leisten“, sagte Bileçen.