Protest gegen Kriminalisierung kurdischer Strukturen in Deutschland
Nach den Razzien bei der Kawa-Föderation und dem Demokratischen Gesellschaftszentrum in Darmstadt sowie mehrerer Wohnungen kommt es zu Protesten gegen die Kriminalisierungspolitik.
Nach den Razzien bei der Kawa-Föderation und dem Demokratischen Gesellschaftszentrum in Darmstadt sowie mehrerer Wohnungen kommt es zu Protesten gegen die Kriminalisierungspolitik.
Am Morgen des 19. Aprils stürmte die Polizei die Räumlichkeiten des „Demokratischen Gesellschaftszentrums der Kurden in Darmstadt e.V.“ und des Büros der „Föderation der demokratischen Vereine - KAWA e.V.“ in Darmstadt, sowie mehrere Wohnungen von Aktivist:innen in Hessen. Die Polizei brach Türen auf und verwüstete die Räumlichkeiten. Fahnen und Bilder wurden heruntergerissen. Als Vorwand für die Repressionsmaßnahme wurde das angebliche Zeigen einer „verbotenen“ Fahne bei einer Gedenkveranstaltung im Juni 2020 angegeben.
Polizei brach in Verein ein
Gegen diesen massiven Angriff auf kurdische Strukturen kommt es nun zu Protesten. In Darmstadt fand eine Kundgebung statt. Mehmet Çoban, Ko-Vorsitzender der KAWA-Föderation, berichtete dort über seine Erlebnisse. Çoban teilt mit, dass die Polizei ihn um 6.22 Uhr morgens anrief und ihn aufforderte, nach Darmstadt zum Demokratischen Gesellschaftszentrum zukommen, sie habe die Räumlichkeiten bereits aufgebrochen. Die Durchsuchungen dauerten bis 11 Uhr an. Çoban erklärte: „Seit 30 Jahren kriminalisiert der deutsche Staat uns Kurden, und wir Kurden leisten weiterhin Widerstand. Auch die Wohnungen von Songül Çelik und Mehmet Emin Deniz, den ehemaligen Ko-Vorsitzenden unseres Verbandes, wurden durchsucht. Darüber hinaus wurden die Wohnungen unseres Freundes Halis, des Ko-Vorsitzenden des Volksrats von Frankfurt, durchsucht.“
Repressionsangriff im Vorfeld der Wahlen in der Türkei
Çoban wies darauf hin, dass der Zeitpunkt der Durchsuchungen bezeichnend sei, und sagte: „Der deutsche Staat beobachtet uns sehr genau; er weiß, wo wir hingehen und was wir tun, und dass wir legal arbeiten. In unserem Verein gab es Broschüren über das Erdbeben in Pazarcik am 6. Februar. Wegen der bevorstehenden Wahlen gab es dort auch Fahnen und Broschüren der HDP. Wir haben in diesem Sinne gearbeitet. Es ist äußerst bezeichnend, dass diese Razzien im direkten Vorfeld der Wahlen in der Türkei stattfanden.“
Die Kriminalisierungspolitik werde jedoch zu keinem Ergebnis führen, betonte Çoban und forderte Respekt vor demokratischen Rechten der Menschen aus Kurdistan.
Anschließend ergriff auch die ehemalige Ko-Vorsitzende des Gesellschaftszentrums, Songül Çelik, die selbst von den Razzien betroffen war, das Wort und erinnerte an die schwere Repression, die sie durch den türkischen Staat erlebt hatte, und die auch nicht endete, als sie nach Deutschland kam. Songül Çelik unterstrich, dass die KAWA-Föderation eine legale und legitime Struktur sei: „Als KAWA leben wir gemeinsam unsere Kultur und setzen unseren Kampf um Würde fort. Wie man sagt, fliegt jeder Vogel in seinem Schwarm; der Vogel, der sich von seinem Schwarm trennt, geht zugrunde. Für die kurdische Gesellschaft ist das ebenso. Wenn wir uns nicht berühren, wenn wir uns nicht sehen, werden wir verenden. Weil wir in einer andere Kultur, einer anderen Gesellschaft leben, versuchen wir, unsere Kultur, unsere Werte und unseren Kampf für Demokratie in unserer eigenen Gesellschaft zu erhalten. Es ist vollkommen klar, warum der Staat unsere Wohnungen durchsucht hat.“
DIE LINKE: „Schluss mit der Kriminalisierung kurdischer Vereine“
Auf der Kundgebung sprach auch der Linkspolitiker Uli Franke. Die Landtagsfraktion der Linken solidarisierte sich in einer Presseerklärung mit den von Kriminalisierung betroffenen kurdischen Strukturen. Jan Schalauske, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag, erklärte: „Es ist erschreckend, dass deutsche Stellen meinen, eine Politik der Verfolgung und Unterdrückung von Oppositionellen, die unter dem türkischen Despoten Recep Tayyip Erdogan an der Tagesordnung ist, unterstützen zu müssen. Fakt ist, dass unter dem Erdogan-Regime seit Jahren rechtsstaatliche Standards und Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Für DIE LINKE steht fest: Die Kriminalisierung kurdischer Vereine in Deutschland muss beendet werden. Dass unter anderem das Zeigen des Logos der syrisch-kurdischen YPG und YPJ hierzulande verboten wurde, die mit ihrem Kampf gegen den ‚Islamischen Staat‘ weltweit Anerkennung fanden, ist einfach nur noch bizarr. Ausgerechnet dieses Zeigen entsprechender Symbole oder auch das Engagement in der Oppositionspartei HDP wird als Grund für die Durchsuchungen genannt.“
„Vereine unter fadenscheinigen Indizien durchsucht“
DIE LINKE teile die Einschätzung der betroffenen kurdischen Vereine, dass die Räumlichkeiten nur aufgrund von fadenscheinigen Indizien durchsucht worden seien und politische Aktivistinnen und Aktivisten offenbar kriminalisiert werden sollten, so Schalauske. Der Politiker weiter: „Es ist bitter, dass im schwarz-grün regierten Hessen ein solche Repressionswelle gegen kurdische Vereine möglich ist. Wahlkampfgeschenke für Erdogan ist das Letzte, was auf der Tagesordnung stehen sollte.“