In Berlin-Kreuzberg haben sich an diesem Samstag kurdische und türkische Linke unter dem Motto „Faschismus zerschlagen, Freiheit erringen!“ am Kottbusser Tor versammelt, um an die Massaker zu erinnern, die sich am 19. Dezember jähren, und zur Solidarität mit den politischen Gefangenen in der Türkei aufzurufen. Zum einen galt das Gedenken der Toten des Pogroms von Maraş (kurd. Gurgum), das heute vor 42 Jahren seinen Anfang nahm. Eine Woche lang wüteten rechtsradikale Islamisten und Paramilitärs Ende 1978 in der damals fast ausschließlich von alevitischen Kurdinnen und Kurden bewohnten Stadt und töteten offiziellen Angaben zufolge 111 Menschen. Nach inoffiziellen Zahlen starben sogar bis zu 1.000 Alevit*innen bei den Übergriffen, hunderte weitere Menschen wurden verletzt. Heute wird Maraş fast ausschließlich von sunnitischen Türk*innen bewohnt.
Die Zusammenkunft widmete sich gleichermaßen den Opfern des Massakers an politischen Gefangenen im Jahr 2000. Unter dem zynischen Namen „Operation Rückkehr ins Leben“ stürmten heute vor zwanzig Jahren 8.500 schwerbewaffnete Soldaten und Beamte der Militärpolizei zeitgleich mehrere Haftanstalten in der Türkei, in denen ein Massenhungerstreik gegen die Einführung von Isolationsgefängnissen stattfand. Mindestens 30 Gefangene und zwei Soldaten, die ihren Wehrdienst in Haftanstalten leisteten, wurden getötet, mehrere hundert zum Teil schwerverletzt. Insgesamt 34 Menschen gelten bis heute als offiziell „verschwunden“.
Ein Aktivist der Vereinten Revolutionsbewegung der Völker (HBDH), die zusammen mit der Vereinten Revolutionsbewegung der Frauen (KBHD) zu der Kundgebung aufgerufen hatte, wies auf die Parallelen in türkischen Gefängnissen zwischen damals und heute hin und rief zur Unterstützung der politischen Gefangenen auf, die aktuell wieder im Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans sind. Das System der Isolationsfolter, das dem PKK-Gründer seit bald 21 Jahren auferlegt wird, hat sich inzwischen auf alle Gefängnisse und das gesamte Land ausgebreitet. Eine Sprecherin der kurdischen Community unterstrich, dass die Verantwortlichen der Massaker in der Türkei früher oder später zur Rechenschaft gezogen werden.
Polizeiaufgebot begleitet Protestkonvoi
Im Anschluss fuhren die Beteiligten in einem Fahrzeugkonvoi zum Pariser Platz und setzten ihren Protest fort. Die Autos waren geschmückt mit den Fahnen verschiedener kurdischer und türkischer Organisationen. Angekommen am Brandenburger Tor hielt der Berliner Stadtverordnete Hakan Taş (DIE LINKE) eine Rede. Taş kritisierte die Bundesregierung für ihre Zusammenarbeit mit der AKP-Regierung und forderte ein Ende der „Förderung des faschistischen Diktators“ Recep Tayyip Erdogan. Mit Parolen wie „Hoch die internationale Solidarität“ wurde die Zusammenkunft beendet.