Online-Veranstaltung über die Pandemie-Situation in Rojava

In einer Online-Veranstaltung berichten Dr. Michael Wilk und Physiotherapeut Torsten Lengfeld über ihren Aufenthalt im von türkischen Angriffen und Lockdown geprägten Rojava.

Der Notfallmediziner Dr. Michael Wilk und Physiotherapeut Torsten Lengfeld berichten heute, 10. Juni, über die Pandemie-Situation in Rojava. Beide waren zuletzt im April und Mai gemeinsam in Rojava und haben vor Ort sowohl die Menschen medizinisch versorgt, als auch das dortige Klinikpersonal geschult. Sie erläutern auf der Veranstaltung die von türkischen Angriffen und Lockdown geprägte Situation der Menschen im Autonomiegebiet in Rojava/Nordostsyrien.

Die Online-Veranstaltung findet in Kooperation mit der Föderation der Demokratischen Gesellschaften Kurdistans e.V., FCDK-KAWA und dem Kurdischen Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., Civaka Azad am Donnerstag, um 20.00 Uhr statt

In der Einladung zu der Veranstaltung heißt es:

Der Wiesbadener Mediziner Dr. Michael Wilk war in Rojava in den Zeltstädten Waşokanî und Serêkaniyê bei Hesekê und berichtet über die von türkischen Angriffen und Lockdown geprägte Situation der Menschen im Autonomiegebiet Rojava/Nordostsyrien.

Torsten Lengfeld, Physiotherapeut aus Mainz, reist regelmäßig zusammen mit einer Delegation von Ärzt:innen in die Kriegsregionen von Rojava, um die Menschen dort physiotherapeutisch auszubilden. Dabei kommt er oft nah an das Kriegsgeschehen heran. „Die Menschen dort sind der Spielball territorialer und geostrategischer Interessen und die ganze Menschheit schuldet den Leuten dort Dank, dass sie für uns [gegen den IS] gekämpft haben ... Elf- bis zwölftausend Tote und über 20.000 Schwerstverletzte“ haben die Kräfte in Rojava im Kampf gegen den IS und in der Verteidigung gegen türkische Angriffskriege zu beklagen.

Dicht neben der Corona-Kinik Waşokanî befindet sich ein Camp für Geflüchtete. Hier leben 14.000 Menschen in Zelten unter widrigsten Bedingungen. Ebenfalls bei Hesekê, Großstadt/Umland mit ca. einer Million Einwohner:innen, liegt das zweite Camp Serêkaniyê mit 11.000 Bewohner:innen. Das Camp ist benannt nach der Stadt gleichen Namens, die im Oktober 2019 von der türkischen Armee und islamistischen Milizen Erdogans überfallen wurde. Serêkaniyê war eine mehrheitlich kurdisch bewohnt Stadt, direkt an der Grenze der Türkei gelegen. Auf der anderen Seite der politischen Demarkationslinie leben ebenfalls kurdische Menschen, getrennt durch eine drei Meter hohe und 700 Kilometer lange Mauer.

Wirtschaftliche Belastung durch Lockdown

Nebenan in der Corona-Klinik des Kurdischen Roten Halbmonds (Heyva Sor a Kurd) ringen die Menschen um Luft. Die Pfleger:innen des kurdischen Halbmonds tun mit knappen Mitteln alles in ihrer Kraft Stehende. Der ausgerufene Lockdown ist notwendig, aber ökonomisch belastend für die vom Krieg und den Attacken Erdogans erschöpfte Region.

Der Einsatz und die Verteilung der rettenden Vaccine spiegeln nicht zuletzt auch die weltweiten Macht-, Privilegien- und Herrschaftsverhältnisse wider. Bisher wurden weltweit ca. Zweidrittel der Vaccine an nur sechs Länder geliefert. Hier im Camp Waşokanî ist noch kein Impfstoff angekommen, ebenso wenig im Rest der Region. Dabei wird er so dringend benötigt.

Bündnisverpflichtungen gegenüber dem Erdogan-Regime

Die stark zerstörte Infrastruktur Rojavas konnte zum Teil aufgebaut, Häuser, Schulen und auch Kliniken instandgesetzt werden, weitgehend aus eigener Kraft und mit Hilfe internationaler Spenden. Staatliche Hilfe aus dem Ausland blieb fast völlig aus, der hohe Blutzoll im Kampf gegen den IS mit über 10.000 Toten und 20.000 Verletzten wurde nicht mit Aufbauhilfen vergolten, zu schwer wiegen die Bündnisverpflichtungen gegenüber dem Erdogan-Regime, der NATO-Partnerschaft, der Ökonomie und vor allem dem Türsteherfunktion der Türkei gegenüber Flüchtlingen.

Deutschland und EU sind mitschuldig an türkischen Verbrechen

Das Wegducken und die Stillhaltepolitik des Westens setzte sich auch fort, als Erdogan mehrfach militärisch in die Gebiete Rojavas einmarschierte. Durch die Invasion Efrîns im Frühjahr 2018 und die des Gebiets zwischen Serêkaniyê und Girê Spî 2019 wurden hunderttausende Menschen aus ihren angestammten Gebieten vertrieben, es gab viele Tote und Schwerverletzte. Die EU und die deutsche Regierung unternahm nichts und machte sich nicht nur durch fortgesetzte Waffenlieferungen mitschuldig an Invasion und Verbrechen. Immer noch leben Tausende, die nicht bei Verwandten unterkommen konnten oder über die Mittel zum Bau eines neuen Hauses verfügen, in Schulen, oder schlimmer noch in Zeltstädten. Wie eben auch hier in den Camps Waşokanî und Serêkaniyê mit 25.000 Menschen.”

Die Online-Veranstaltung ist zu erreichen unter:
Zoom-Meeting:
https://zoom.us/j/98959983605?pwd=R2xWUVpiOTV2bEluTXZSbEY1QSt2Zz09
Meeting-ID: 989 5998 3605
Kenncode: 985365

YouTube-Link: https://www.youtube.com/watch?v=BSIRiPcGnFU