In Zahedan im Südosten des Iran sind am Freitag offenbar mehrere Dutzend Menschen von Regimetruppen verletzt und getötet worden. Bisher unbestätigten Informationen von Aktivist:innen soll es 36 Tote und über 50 Verletzte in der Hauptstadt der Provinz Sistan-Belutschistan geben, darunter Frauen und Kinder. Grund für das brutale Vorgehen seien Solidaritätsbekundungen der Bevölkerung mit dem Aufstand gegen das Regime beim heutigen Freitagsgebet. Auch liegen Angaben über eine Explosion in Zahedan vor.
Habibollah Sarzabi, Generalsekretär der Nationalen Solidaritätspartei Belutschistans, sprach von „massakerartigen Übergriffen“ durch Irans Sicherheitskräfte und einer „Stadt im Krieg“. Gegenüber dem iranischen Oppositionsmedium Iran International gab Sarzabi an, dass die Trupps des herrschenden Klerus mit Maschinengewehren auf die Menschen gezielt hätten – teilweise aus Hubschraubern, die im Tiefflug über die Stadt donnerten. Wütende Demonstrierende sollen als Reaktion eine Polizeistation sowie das Geschäft eines Kommandanten der iranischen Revolutionsgarden (IRGC) in Brand gesteckt haben.
Der Polizeichef von Sistan-Belutschistan bezeichnete die Vorfälle im Staatsfernsehen als „terroristischen Anschlag“. Bewaffnete Männer aus anderen Teilen des Landes hätten auf Befehl einer „separatistischen Terrororganisation“ auf Gläubige geschossen und mehrere Wachen angegriffen, darunter das Polizeihauptquartier, so Sardar Ahmad Taheri. „Die Polizei musste schnell reagieren, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen.“ Der Beamte sprach von mehreren Toten und Verletzten, nannte jedoch keine Zahlen. Die offizielle Nachrichtenagentur IRNA veröffentlichte eine Erklärung des Gouverneurs der Provinz, wonach 19 Menschen „bei einem Terroranschlag“ getötet und 20 weitere verletzt wurden. Die in London ansässige Organisation Netblocks meldete indes eine regionale Internetunterbrechung in Zahedan und anderen Teilen Sistan-Belutschistans. Auf Videos in digitalen Netzwerken sind blutüberströmte Menschen in Moscheen und Krankenhäusern zu sehen, die Notaufnahmen sollen überlastet sein.
Das iranische Regime wirft kurdischen Organisationen vor, die seit dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini rollende Protestwelle ausgelöst beziehungsweise unterstützt zu haben. Die Kurdin war vor zwei Wochen auf einer Teheraner Polizeiwache zu Tode geprügelt worden, nachdem sie wegen angeblich „unislamischer“ Kleidung festgenommen worden war. Das Regime geht zwar mit purer Gewalt gegen die Demonstrierenden vor – laut Iran Human Rights (IHR) wurde bislang mindestens 83 Menschen von Polizei, Armee und paramilitärischen Basidsch-Milizen getötet – die Proteste eindämmen gelingt dem Klerus aber nicht. Zur Ablenkung von der Volksrevolte beschießt Iran seit Tagen verschiedene Gebiete in der Kurdistan-Region Irak (KRI). Am Mittwoch wurden 13 Menschen bei Raketen- und Drohnenangriffen auf den Großraum von Hewlêr (Erbil) und Silêmanî getötet, 58 weitere sind verletzt. Seit gestern gibt es ein 14. Todesopfer zu beklagen: Ein Säugling. Seine hochschwangere Mutter war infolge der Raketenangriffe ums Leben gekommen. Sie war zwar hirntot, aber Ärzte konnten ihren Herzschlag einige Stunden aufrechterhalten und per Kaiserschnitt den Sohn zur Welt holen. Nur 24 Stunden lebte das Baby. Es war bereits hirntot, als es geboren wurde.