Das Oberste Gericht Schwedens hat die Auslieferung von zwei Männern an die Türkei gestoppt. Die von der türkischen Regierung vorgelegten Beweise für die mutmaßliche Mitgliedschaft der beiden in einer „terroristischen Vereinigung“ – gemeint ist die Bewegung um den im US-Exil lebenden islamistischen Prediger Fethullah Gülen, die Ankara hinter dem vermeintlichen Putschversuch vom Juli 2016 sieht – seien nicht ausreichend, teilte das Gericht am Donnerstag in Stockholm mit. Zudem sei den beiden Beschuldigten in Schweden bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden.
Die Entscheidung könnte den Streit um die NATO-Mitgliedschaft des nordischen Landes neu anfachen. Die Türkei ist neben Ungarn das einzige der 31 Mitgliedsländer des westlichen Militärbündnisses, dessen Parlament die schwedische Beitrittsakte noch nicht ratifiziert hat.
Die Regierung in Ankara hatte den Betritt Schwedens seit dem vergangenen Jahr blockiert und dem Land vorgeworfen, ein Zufluchtsort für angebliche „Terroristen“ zu sein, womit vor allem Unterstützende der von der PKK getragenen kurdischen Befreiungsbewegung und Exil-Oppositionelle gegen das Erdoğan-Regime gemeint sind. Auch die in Nord- und Ostsyrien agierenden Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ werden von Ankara als „terroristisch“ kriminalisiert.
Im Gegenzug für die schließlich erfolgte Zustimmung der Türkei zu Schwedens NATO-Aufnahme schlossen beide Länder einen sogenannten Sicherheitspakt und vereinbarten neben regelmäßigen Treffen einen „anhaltenden Kampf gegen den Terrorismus“. Laut dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan könne das Parlament in Ankara den NATO-Beitritt Schwedens jedoch erst nach der Sommerpause und damit frühestens im Oktober ratifizieren.
Titelbild: Demonstration „Nein zur NATO, keine Erdoğan-Gesetze in Schweden“ am 4. Juni 2023 in Stockholm gegen die Einführung neuer Terrorgesetze und den NATO-Beitritt des Landes | © Shnoyi Mendan/ANF