Unter dem Motto „Leisten wir Widerstand und befreien uns mit dem Newrozfeuer“ wird in zahlreichen Städten in Nordkurdistan und der Türkei an diesem Samstag das kurdische Neujahrsfest Newroz begangen. In der westtürkischen Hafenstadt Tekirdağ verhinderte die Polizei, dass Familien mit Kindern die Sicherheitskontrollen zum Veranstaltungsplatz im Bezirk Ergene passieren. Die Betroffenen ließen sich nicht die Laune verderben und versammelten sich außerhalb des Geländes, um den Frühling zu feiern.

Nach einer Schweigeminute trat die HDP-Abgeordnete Züleyha Gülüm als Rednerin auf. Die Politikerin thematisierte in ihrer Ansprache das Verbotsverfahren gegen die HDP und den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention. In der Nacht zum Samstag hat die türkische Regierung mit sofortiger Wirkung das internationale Abkommen zum Schutz von Frauen vor Gewalt per Präsidialdekret verlassen. Gülüm bezeichnete den Schritt als „totalen Verlust der Vernunft“. Das drohende HDP-Verbot kommentierte sie mit den Worten: „Wir sind keine Briefkastenpartei, sondern die Partei des Volkes.“ Danach gab es zu Live-Musik gemeinsame Tänze um das Newrozfeuer.

Tekirdağ

An einer Feier in Çanakkale beteiligten sich unter anderem Gülüms Fraktionskollegin Oya Ersoy sowie Engin Güleser und Ömer Faruk aus dem Parteirat der HDP. Trotz schlechtem Wetter war die Stimmung blendend, das traditionelle Feuer wurde von Ersoy entzündet. Nach ausgiebigen Tänzen wurde der Veranstaltungsplatz von zahlreichen Teilnehmenden gemeinsam gereinigt, bevor sich die Menschen auf den Nachhauseweg machten.

Reşqelas

Im multikulturellen Reşqelas (tr. Iğdır) feierten Kurden, Türken, Karapapaken und Aserbaidschaner gemeinsam Newroz. Die HDP-Abgeordnete Dilan Dirayet Taşdemir sang nach einer Ansprache das Newroz-Lied und eröffnete die Feierlichkeiten. Die Zusammenkunft wurde kurzzeitig von der Polizei überschattet, als diese drei Jugendliche festnehmen wollte. Nach lautstarken Protesten der Menschenmenge mussten die jungen Männer freigelassen werden.

Reşqelas

In Çorum wurde das diesjährige Newroz von der örtlichen Demokratie-Plattform organisiert. Die Feier fand in dem nach dem Volkssänger Aşık Mahzuni Şerif benannten Park im Stadtzentrum statt. Der Gewerkschafter Emrah Azapçı, der aktuell auch Sprecher des Ortsverbands der linken Konföderation der Gewerkschaften im öffentlichen Dienst (KESK) ist, sprach in seiner Rede die staatliche Unterdrückungspolitik an, die in jedem Bereich des Lebens zu spüren sei. Zugleich warnte Azapçı vor den Folgen eines möglichen Parteiverbots für die HDP für Gewerkschaften und Berufsverbände: „Eine Partei wie die HDP zu schließen bedeutet, uns allen neue Ketten anzulegen.“ Die kurdische Frage, die das Hauptproblem in der Türkei sei, könne nur durch den Schulterschluss aller Völker, Werktätigen und den Demokratiekräften gelöst werden. „Newroz ist die beste Gelegenheit, uns zusammenzuschließen und gemeinsam zu kämpfen.“