NAV-DEM ruft zur Solidarität mit Efrîn auf

NAV-DEM hat angesichts der türkischen Kriegspolitik zur Solidarität mit Efrîn aufgerufen und die Bundesregierung aufgefordert, die Unterstützung des Erdoğan-Regimes zu unterlassen.

Angesichts der Drohungen des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan hat das „Demokratische Gesellschaftszentrum der Kurd*innen in Deutschland“ (NAV-DEM) zur Solidarität mit der Bevölkerung des Kantons Efrîn in Nordsyrien aufgerufen.

In der Erklärung von NAV-DEM heißt es:

„Der türkische Staatspräsident Erdoğan verkündet derzeit lautstark, dass er in wenigen Tagen seine ‚südliche Grenze vom Terror säubern‘ wolle. Schnell ist klar, dass mit der ‚südlichen Grenze‘ der Norden Syriens gemeint ist. Doch wer nun glaubt, dass die Türkei den IS oder andere islamistische Gruppierungen an dieser Grenze ‚säubern‘ will, der liegt weit daneben. Im Gegenteil, die Türkei und ihr Staatspräsident haben nämlich genau die Kräfte im Visier, die seit Jahren mit Unterstützung der Internationalen Koalition an vorderster Front in Syrien den Kampf gegen den IS und andere Islamisten führen.“

NAV-DEM führt weiter aus, aus türkischen Regierungskreisen werde gemeldet, dass die militärischen Vorbereitungen abgeschlossen seien und die Operation jeden Moment beginnen könne. Ziel der Operation sei der Kanton Efrîn im Norden Syriens. Efrîn gehört zur Demokratischen Föderation Nordsyrien (Rojava) und ist mehrheitlich kurdisch bevölkert. Die Region wird nach den Prinzipien der Demokratischen Autonomie basisdemokratisch verwaltet. Die Frauenbefreiung und ein ökologisches Bewusstsein gehören zu den Grundprinzipien dieses Verwaltungsmodells. Verteidigt wird der Kanton im äußersten Nordwesten Syriens von den Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ, die zugleich zu den schlagfertigsten Einheiten im Kampf gegen islamistische Gruppen in Syrien gehören und maßgeblich an der Befreiung von Orten wie Kobanê und Raqqa vom IS-Terror beteiligt waren.

Türkei als Instabilitätsfaktor im Mittleren Osten

„Dem Erdoğan-Regime ist dieses Gesellschaftsmodell schon länger ein Dorn im Auge: Einmal, weil es die Errungenschaften der kurdischen Bevölkerung repräsentiert und die kurdenfeindliche Grundhaltung der Türkei diese Errungenschaften mit allen Mitteln bekämpfen will. Zum Zweiten, weil sich mit dem Gesellschaftsmodell der Demokratischen Föderation Nordsyrien an der südlichen Grenze zur Türkei ein System entwickelt, das die politische und gesellschaftliche Teilhabe aller Bevölkerungsteile jenseits von ethnischen und religiösen Grenzen vorsieht und somit diametral zum monistischen und zunehmend faschistischen Staatssystem der Türkei steht.

Um die Etablierung dieses Gesellschaftsmodells zu unterbinden, ist der Türkei jegliches Mittel recht. So hat sie seit Jahren die Grenzen zu den Gebieten selbst für humanitäre Hilfe dicht gemacht, während der Grenzhandel zu syrischen Gebieten, die von Islamisten kontrolliert wurden, florierten. Sie hat islamistische Gruppierungen wie den IS und die Al-Nusra-Front mit Waffen und Logistik ausgestattet, damit diese den Kampf für sie gegen Rojava führen. Und als auch das nicht zu den gewünschten Ergebnissen führte, ist die türkische Armee selbst im Norden Syrien einmarschiert. Derzeit besetzt die Türkei im Norden Syrien die Region von Azaz bis nach Dscharablus, sowie den Norden der Provinz Idlib. Offiziell soll die Türkei dort gegen islamistische Gruppierungen vorgehen. Doch die Realität sieht so aus, dass Ankara ein verzwicktes Netz aus Vereinbarungen und Abmachungen mit islamistischen Gruppierungen getroffen hat und diese für einen möglichen Angriff auf Afrin mobilisieren möchte. Während also in Syrien der Kampf gegen den IS seinem Ende naht und die ersten Hoffnungen auf eine politische Lösung am Horizont zu erkennen sind, zündelt die Türkei von Neuem in ihrem Nachbarland und droht damit einen neuen Krieg zu entfachen!

Die Unterstützung der Türkei stellt die Unterstützung einer Kriegspartei dar

Bei der Suche nach internationaler Unterstützung für ihre antikurdische Politik im Mittleren Osten steht Ankara allerdings weitgehend alleine dar. Zunächst versuchte sie die USA davon zu überzeugen, dass sie der bessere Partner im Kampf gegen den IS sei. Doch weil die Unterstützung Ankaras für den IS längst kein Geheimnis mehr war, setzte die US-Regierung weiterhin auf die Unterstützung der Demokratischen Kräfte Syriens, zu denen auch die YPG und YPJ gehören. Dann versuchte Ankara sich Moskau anzubiedern, um die Kurden in Syrien zu isolieren. Doch auch diese Politik scheint derzeit nicht aufzugehen.

Doch ausgerechnet in Deutschland erfährt das AKP-Regime Rückhalt für ihre kurdenfeindliche Politik. So ist seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres das Zeigen der Fahnen der YPG und YPJ in Deutschland faktisch verboten. In den letzten Monaten zogen die Repressionen gegen kurdische Aktivisten in Deutschland auf Wunsch Ankaras nochmals an. Seither stehen neben Fahnenverboten auch Demonstrationsverbote und Haus- und Vereinsdurchsuchungen auf der Tagesordnung. Bundesaußenminister Gabriel stellte gar im Gegenzug für die Haftentlassung von Deniz Yücel weitere Rüstungsexporte für Ankara in Aussicht, die das AKP-Regime innerhalb und außerhalb ihrer Staatsgrenzen in ihrem Krieg gegen die Kurden einsetzen könnte.“

NAV-DEM ruft die Bundesregierung mit Nachdruck dazu auf, von dieser Politik abzulassen, da diese Haltung die Unterstützung einer Kriegspartei und des maßgeblichen Instabilitätsfaktors im Mittleren Osten darstelle. An die Öffentlichkeit in Deutschland richtet der kurdische Verband NAV-DEM den Aufruf, Solidarität mit Efrîn zu zeigen und sich gegen die Kriegspolitik der AKP im Mittleren Osten zu stellen.