„Nachbarschaftswächter“ bekommen Polizeibefugnisse

Das türkische Parlament hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, nach dem die als „Parallelpolizei der AKP“ berüchtigten „Nachbarschaftswächter“ die Befugnis erhalten, Waffen zu benutzen und Gewalt anzuwenden.

Die sogenannten Nachbarschaftswächter stellen eine zur AKP loyale Parallelstruktur zu den Sicherheitsbehörden dar, die nach 41-tägiger Ausbildung mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet durch die Städte patrouillieren. Nun wurden diese Paramilitärs von der AKP/MHP-Mehrheit im Parlament mit der Befugnis ausgestattet, Gewalt anzuwenden und Waffen einzusetzen. Diese Ermächtigung war Teil eines 18 Punkte umfassenden Gesetzespaketes der Regierung zu den Befugnissen der Nachbarschaftswächter.

Die Parallelstruktur der Nachbarschaftswächter ist ein Projekt Erdoğans, er hatte zur Einführung der Paramilitärs erklärt: „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir die äußere Sicherheit unserer Städte nicht länger mit Festungsmauern und Gräben schützen und die innere Ordnung nicht allein durch Strafverfolgung sicherstellen können.“ Menschenrechtler warnen, dass diese Nachbarschaftswächter eine Art „Blockwartstruktur für die AKP-Diktatur“ darstellen sollen. Kein Wunder, dass diese Truppe in Anlehnung an die berüchtigten iranischen Revolutionsgarden als „türkische Pasdaran“ bezeichnet werden.

Weitreichende Befugnisse für „Nachbarschaftswächter“

Mit dem neuen Gesetz erhalten die Nachbarschaftswächter die Befugnis, Personen, die zur Festnahme oder Verhaftung ausgeschrieben sind, festzunehmen und den Sicherheitskräften übergeben. Die Nachbarschaftswächter dürfen Gewalt anwenden und Schusswaffen einsetzen. Sie dürfen außerdem gegen Protestaktionen vorgehen, Personalien kontrollieren und Personen durchsuchen. Im Gesetzentwurf heißt es, die Nachbarschaftswächter „können bis zum Eintreffen der Sicherheitskräfte Maßnahmen ergreifen, um chaotische Situationen durch Kundgebungen und Demonstrationen zu verhindern.“

Weiterhin könnten die Nachbarschaftswächter „um eine Straftaten oder Fehlverhalten zu verhindern, die Flucht von Straftätern zu stoppen und um die Identität von Verursachern einer Straftat oder eines Fehlverhaltens festzustellen, um Personen zu finden, gegen die ein Haftbefehl oder eine Festnahmeanordnung vorliegt oder um Gefahr für das Leben, die physische Integrität oder den Besitz von Personen oder der Gesellschaft abzuwenden“, Personen anhalten.

Um eine Person anzuhalten, soll ein „plausibler“ Grund ausreichen. Die Nachbarschaftswächter dürfen die Personalen feststellen und Personen befragen. Sie sollen die Sicherheitskräfte über Personen informieren, deren Identität nicht festgestellt werden kann.

HDP: Es wird eine paramilitärische Kraft aufgebaut

Während der Parlamentsdebatte verurteilte die HDP-Abgeordnete Dilan Dirayet Taşdemir den Gesetzentwurf scharf und bezeichnete das Gesetz als ein Beispiel dafür, wie die Regierung nach ihren eigenen Interessen Recht schafft: „Warum wollen Sie jetzt dieses Gesetz einführen, was gibt es, was die Sicherheitskräfte, die Polizei, nicht tun kann, was wollen Sie hier durch das Nachbarschaftswächtergesetz ratifizieren lassen? Es ist ein offensichtlicher Versuch, eine paramilitärische Kraft aufzubauen. Es geht Ihnen darum, die Opposition zu bespitzeln und unter Kontrolle zu halten. Dieses Gesetz dient dazu, das Repressionsregime auszubauen. Überall werden die Menschen überwacht und beobachtet werden. Dieser Gesetzentwurf gibt den Nachbarschaftswächtern die Befugnis, nach Ausweisen zu fragen, Waffen zu benutzen, Personen zu durchsuchen und Demonstrationen und Kundgebungen zu verhindern. Wenn jetzt eine Pressekonferenz stattfindet, wenn wir unsere demokratischen Rechte in Anspruch nehmen, dann werden uns diese mit grenzenlosen Befugnissen ausgestatteten Nachbarschaftswächter gegenüberstehen.“