Der politische Gefangene Mehmet Şahin ist nach dreißig Jahren und vier Monaten Haft in türkischen Gefängnissen entlassen worden. Der Kurde wurde 1993 in Êlih (tr. Batman) festgenommen und vor einem Staatssicherheitsgericht in Amed (Diyarbakir) wegen Separatismusbestrebungen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. In den vergangenen drei Jahrzehnten befand er sich in Haftanstalten in Êlih, Dîlok (Antep), Çankırı, Sêrt (Siirt) und zuletzt in Şakran in der westlichen Provinz Izmir, wo er heute von Verwandten und Mitgliedern des Gefangenenhilfsvereins EGE-TUHAYDER mit Blumen empfangen wurde. Şahin war bei seiner Festnahme dreißig Jahre alt, heute ist er sechzig. Seine Freilassung wurde vom Aufsichtsausschuss der Vollzugsanstalt um vier Monate hinausgezögert – eine gängige Praxis bei politischen Gefangenen in der Türkei.
„Freiheit findet im Kopf eines Menschen statt“
Nach seiner Entlassung erklärte Mehmet Şahin vor dem Gefängnis, er sei froh und gleichzeitig traurig, seine Freunde, mit denen er die letzten dreißig Jahre verbracht habe, zurückgelassen zu haben. „Ich betrachte es auch nicht als volle Freiheit, dass ich jetzt draußen bin. Die eigentliche Freiheit findet im Kopf eines Menschen statt. Auch wenn das Meer hier Tinte wäre und die Bäume Papier, könnte ich nicht ausdrücken, was ich für die Menschen empfinde, die ich zurückgelassen habe. Was wir im Gefängnis erlebt haben, war kein gewöhnliches Leben. Die Freiheit ist natürlich trotzdem schön und ja, ich bin aufgeregt, aber mein einziger Wunsch ist, dass alle gefangenen Freundinnen und Freunde freikommen. Wir wollen eine Welt, in der nicht nur die Kurden, sondern alle Völker frei leben können.“
Video: MA
Nachdem Şahin über den nahegelegenen Strand ans Meer gegangen war, um seine Hände in das Wasser zu tauchen, machte er sich mit seinen Angehörigen auf den Weg in seinen Geburtsort Êlih.