Nach Polizeigewalt an Schutzsuchenden: Flüchtlinge verurteilt

Zwei Geflüchtete aus Gambia, die im März Opfer von Polizeigewalt in Donauwörth wurden, sind am Amtsgericht Augsburg zu Geldstrafen in Höhe von 800 und 900 Euro verurteilt worden. Die beiden Männer hatten Rechtsmittel gegen ihre Strafbefehle eingelegt.

Am 14. März 2018 rückten Spezialeinheiten der Polizei unter dem Einsatz massiver Gewalt in das isolierte Lager für Geflüchtete in Donauwörth ein. Rund 200 voll bewaffnete Beamt*innen, darunter auch die Bereitschaftspolizei, stürmten mit Hunden in die Unterbringung für Schutzsuchende. 32 Geflüchtete aus Gambia wurden unter dem Einsatz massiver Gewalt festgenommen, dreißig von ihnen kamen unter der Beschuldigung, in der Nacht vor der Razzia die Abschiebung einer Person im Lager gestoppt zu haben, für zwei Monate in Untersuchungshaft. Der private Sicherheitsdienst der Malteser hatte diejenigen identifiziert, die vermeintlich am Akt des zivilen Ungehorsams zur Verhinderung einer Abschiebung beteiligt gewesen sein sollen. Es bestehen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Denunziationen.

Fotos: Antirassistisches Kollektiv München

Auch die gambische Community in Donauwörth wies den Vorwurf, die Durchsetzung der nächtlichen Abschiebung behindert zu haben, als offensichtlich unbegründet zurück. Es habe keinen Widerstand gegen die Polizei gegeben, die in der Nacht vor dem Einsatz versucht hatte, einen im Lager nicht anwesenden Gambier zu Abschiebung mitzunehmen. Prozessbeobachter*innen sagten: „Dass sich die Razzia am nächsten Tag ausschließlich gegen Gambier richtete, ist ein offensichtlicher Akt des institutionellen Rassismus. Es besteht kein Zweifel, dass die Razzia darauf abzielte, die Community-Organisation der gambischen Geflüchteten in Donauwörth zu schwächen.“ Die inhaftierten Schutzsuchenden wurden unbegründeter Vorwürfe des Landfriedensbruchs und in einigen Fällen wegen Körperverletzung, Beleidigung und Widerstandes gegenüber Polizist*innen für zwei Monate inhaftiert. Mitte Mai wurden sie mit einem Strafbefehl entlassen. Das Amtsgericht Augsburg hat heute zwei der Betroffenen wegen Landfriedensbruch zu Geldstrafen in Höhe von 800 und 900 Euro verurteilt. Die beiden 21- und 28-jährigen Männer hatten Rechtsmittel gegen die Geldstrafen eingelegt, die gegen die 30 inhaftierten Gambier erteilt wurden.

Juristisch mehr als zweifelhaft erscheint auch die Praxis des BAMF und der Zentralen Ausländerbehörde Schwaben, die sich diesen Manipulationen anschlossen, indem sie die Dublin-Frist für viele Betroffene wegen ihrer Inhaftierung von sechs auf zwölf Monate verlängerten. Die Geflüchteten sind also weiterhin von der Überstellung in einen anderen EU-Staat bedroht. Einige der Opfer von Polizeigewalt wurden bereits aus dem Gefängnis nach Italien in ein Leben auf der Straße abgeschoben, viele andere kurz nach ihrer Entlassung.

Die Prozessbeobachtungsinitiative der Refugee Community Donauwörth und Arbeitsgruppe Culture of Deportation kritisierte: „Aufgrund dieser skrupellosen Zusammenarbeit zwischen der Strafjustiz und dem Asylsystem ist es nur einer Handvoll der kriminalisierten Geflüchteten gelungen, rechtliche Schritte gegen die Strafbefehle zur Verteidigung vor Gericht einzuleiten. Einige der Abgeschobenen hatten einen anhängigen Einspruch gegen ihren Strafbefehl.“