Mit Parolen wie „CPT nach Imrali“, „Es lebe Apo“ und „Kein Leben ohne Apo“ zogen gestern lautstark kurdische Aktivist*innen vor den Eingang des Antifolterkomitee des Europarats (CPT) in Straßburg. Sie forderten vom CPT, dass es gegen die anhaltende Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali aktiv wird. Außerdem machten sie mit der Aktion auf den Hungerstreik von über 320 Menschen aufmerksam. Die kurdische Politikerin Leyla Güven ist am 7. November 2018 mit der Forderung nach Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan als erste in den Hungerstreik getreten. Um der legitimen Forderung Nachdruck zu verleihen, schlossen sich mehr und mehr Menschen dem Streik an, der durch vielfältige Aktionen und Initiativen begleitet wird.
Wie Videoaufnahmen belegen, gingen gestern die französischen Polizeikräfte mit äußerster Brutalität gegen die Protestierenden vor dem CPT vor und beendeten die Aktion mit der Festnahme aller Beteiligten. Einer der Protestierenden musste wegen der ihm zugefügten Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
Der kurdische Studierendenverband YXK/JXK protestiert in einer Erklärung gegen das Vorgehen der französischen Behörden und der Polizei und fordert das „Antifolterkomitee dringend dazu auf, seiner Aufgabe gerecht zu werden“. In der Erklärung heißt es:
„Derzeit befinden sich über 320 Menschen in einem unbefristeten Hungerstreik. Ziel der Streiks ist es, die Totalisolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan, der seit fast 20 Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali unter unmenschlichen Bedingungen in Haft ist, zu brechen um erneute Friedensgespräche zu beginnen. Seit Beginn der Totalisolation von Abdullah Öcalan wurden große Flächen in Kurdistan von dem türkischen Regime dem Erdboden gleich gemacht, unbewaffnete Menschen, unter anderem auch Kinder in Kellern ermordet.
Seit dem Beginn der Totalisolation vor zweieinhalb Jahren und der mit ihm verbundenen Unterbrechung der Friedensgespräche, gibt das türkische Terrorregime den kurdischen BewohnerInnen keine Atempause. Täglich sterben Menschen, auch über den Grenzen der Türkei hinaus. Eine Totalisolation ist eine Folterart und wir stellen uns gegen Folter!
Am 25. Februar 2019 haben sich 30–35 kurdische Aktivist*innen vor dem Antifolterkomitee des Europarats (CPT) in Straßburg versammelt. Sie forderten dieses auf, die Gefängnisinsel Imrali zu besuchen und in Handlung zu treten, denn bisher hatte das sogenannte Antifolterkomitee nicht auf die Folter auf Imrali reagiert.
Die Aktivist*innen versammelten sich vor dem Eingang und machten in Begleitung von Parolen mit Feuerwerkskörpern auf sich aufmerksam. Dabei wurden Slogans in Form von Spray an der Fassade hinterlassen. Nach kürzester Zeit stürmte die französische Polizei das Gelände stark bewaffnet und ließ die Situation durch körperliche Angriffe auf die Anwesenden gewaltsam eskalieren.
Die Polizei zielte dabei mit Waffen auf unbewaffnete Menschen und verprügelte die Aktivist*innen brutal – und das vor dem CPT-Gebäude. Dem Ort, der in Europa die Aufgabe zugeteilt bekommen hat, sich gegen Folter einzusetzen. Wir möchten an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass der brutale Einsatz der französischen Polizei am heutigen Tag noch größere Folgen hätte hervorrufen können, wenn die angedrohten Schüsse mit den Waffen ausgeführt worden wären. Gleichzeitig verabscheuen wir die zunehmenden Aggressionen der Behörden und setzen diesen Angriff mit Waffen auf wehrlose Menschen mit psychischer Folter gleich.
Polizeigewalt ist kein seltenes Phänomen und ein staatlich antrainiertes Mittel zur gezielten Einschüchterung – besonders von politischen Aktivist*innen!
Alle Aktivist*innen befinden sich nach den brutalen Angriffen der Polizei in Polizeigewahrsam. Ein weiterer Aktivist befindet sich nach den brutalen Prügelattacken im Krankenhaus. Wann die Menschen, die sich im Gegensatz zum CPT gegen Folter eingesetzt haben und das CPT an ihre Aufgabe erinnert haben, auf freien Fuß kommen, ist derzeit noch nicht klar. Auch gibt es derzeit keine Information darüber, wie der Zustand des sich im Krankenhaus befindenden Aktivisten ist.
Wir fordern das Antifolterkomitee dringend dazu auf, seiner Aufgabe gerecht zu werden!
Wir erinnern an die brutalen Haftbedingungen in der Türkei. Wir erinnern an die über 320 Hungerstreikenden weltweit, die seit Monaten keine Mahlzeit zu sich genommen haben, um damit gegen die Isolationshaft des kurdischen Repräsentanten zu protestieren.
Wir erinnern daran, dass Menschen, die sich in der Türkei im Hungerstreik befinden, zwanghaft in Einzel- und Bunkerhaft gesteckt wurden, ihre Bücher und Radios beschlagnahmt wurden und dass diesen ihre nötigen Vitamin B1 Tabletten vorenthalten werden.
Wir erinnern Europa nun ein weiteres Mal daran, dass in der Türkei massive Menschenrechtsverletzungen begangen werden! Wir erinnern die Menschheit daran, dass auch wir Kurdinnen und Kurden Menschenrechte besitzen! Wir schweigen nicht, lassen uns von diesen Maßnahmen nicht einschüchtern und fordern alle solidarischen Kräfte dazu auf, ebenfalls die Stimmen zu erheben! Solidarität mit den Genossinnen und Genossen in Straßburg!“