Massengrab in Xîzan: Statt forensischer Untersuchung wird Müll deponiert

2011 wurde ein Massengrab im kurdischen Landkreis Xîzan entdeckt. Forensische Untersuchungen erfolgten nicht, stattdessen lädt die Stadtverwaltung Müll und Bauschutt über den Knochen der Ermordeten ab.

Auf dem 2011 in Xîzan (tr. Hizan) in der Provinz Bedlîs (Bitlis) auf einer Mülldeponie entdeckten Massengrab wurde am Dienstag erneut in offiziellem Auftrag Müll und Schutt abgeladen. Ein Anwohner, der aufgrund möglicher staatlicher Repressalien anonym bleiben möchte, berichtet, dass die Menschen versuchten, das Massengrab mit eigenen Mitteln zu schützen, die Stadtverwaltung der islamistischen AKP-Mutterpartei Saadet jedoch Müll und Schutt auf der Grabstätte abgeladen hätte.

Eine Müllhalde voller Knochen von Ermordeten“

In den 1990er Jahren „verschwanden“ Tausende Menschen in Folterkellern des Geheimdienstes JITEM. Ihre Knochen tauchen häufig wieder auf Müllhalden, in Säurebrunnen oder bei Bauarbeiten an Militärstützpunkten auf. Einer dieser Orte ist die Müllhalde bei Xîzan. Ein Anwohner berichtet: „Xîzan ist einer der Orte, an denen der Staatsterror in den 1990er Jahren am stärksten ausgeprägt war. Die Menschen wurden permanent unter Druck gesetzt, Dorfschützer zu werden; Dörfer, die sich weigerten, wurden von Soldaten überfallen. Die Menschen wurden entweder festgenommen und gefoltert oder zum Ziel von Morden ‚unbekannter Täter‘. Eines der Dörfer, das besonders betroffen war, war das Dorf Şên (Aladana). Wegen dieser Folter und der endlosen Unterdrückung gingen damals viele junge Leute aus dem Dorf in die Berge. Einer von ihnen war Ruban, also Tufan Aydın. Soweit ich weiß, wurden Aydın und sieben weitere Guerillakämpfer 1994 auf der Mülldeponie von Xîzan begraben. Es handelt sich um eine Mülldeponie voller Knochen von Ermordeten. Damals wurden dort auch diejenigen begraben, die bei den Gefechten in Bedlîs-Motkî ihr Leben verloren hatten. Im Jahr 2011 wurde dort ein menschlicher Schädel aus dem Boden geholt. Dieser Schädel wurde zur Untersuchung mitgenommen, aber zurückgekommen ist nichts.“

Wer protestiert, wird festgenommen“

Der Dorfbewohner berichtete, die Stadtverwaltung von Xîzan sei immer wieder darauf hingewiesen worden, dass sich dort ein Massengrab befinde. Die Bevölkerung habe den Ort immer wieder freigeräumt und gepflegt. Aber all das werde ignoriert: „Wir haben sie schon so oft gewarnt, aber die Stadtverwaltung hört nicht auf uns. In den letzten zwei Wochen wurde sowohl der Müll der Gemeinde Xîzan als auch der Bauaushub der Erweiterung des Militärstützpunkts auf dem Massengrab abgeladen.“

Die Menschen seien durch diese Situation sehr beunruhigt, aber diejenigen, die dagegen protestierten, seien festgenommen worden. Die letzte Festnahme habe es vergangene Woche gegeben.

Müll wird abgeladen, wo ermittelt werden sollte“

Angesichts der Repression und der Schändung des Massengrabs schloss der Einwohner mit den Worten: „Dieses Vorgehen ist inakzeptabel. Es gibt hier weder vor den Toten noch vor den Lebenden Respekt. So etwas erlaubt keine Religion und kein Glaube. Sie begraben die Menschen in einem Massengrab und werfen dann Müll auf sie, anstatt zu ermitteln. Zu welchem Glauben, zu welchen menschlichen Werten passt das? Wir akzeptieren das nicht; wir wollen, dass das sofort aufhört und dass das Massengrab dort geöffnet und untersucht wird.“