Mahmut Kaya: Terrorismusprozess ohne Straftat

Im Prozess gegen den kurdischen Politiker Mahmut Kaya ist bei der heutigen Hauptverhandlung vor dem OLG Hamburg erneut festgestellt worden, dass ihm außer SMS-Verkehr keine konkrete Straftat vorgeworfen wird.

Seit Dezember letzten Jahres steht der kurdische Politiker Mahmut Kaya in Hamburg vor Gericht. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wirft ihm Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach den Paragrafen 129a/b vor. In monatelanger Telefonüberwachung und Observation durch das LKA Bremen konnte jedoch keine konkrete Straftat festgestellt werden. Das musste in der heutigen Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Hamburg auch der als Zeuge geladene Staatschutzbeamte Matthias Schmidt einräumen, der seit etwa acht Jahren im LKA Bremen im Bereich „politisch motivierte Ausländerkriminalität“ und somit nach eigenen Angaben schwerpunktmäßig für die PKK zuständig ist. Zur Last gelegt werden Kaya lediglich SMS-Nachrichten, die er erhalten oder geschrieben haben soll.

Wie die vorangegangenen Verhandlungstage wurde der Prozess von zahlreichen Menschen aufmerksam beobachtet, denen der Angeklagte mit einem Victory-Zeichen freundlich lächelnd zuwinkte. Unter den Prozessbeobachter*innen war auch eine Abordnung des Frauenrats Rosa aus Darmstadt.

Wahlkampf, Demonstrationen, Veranstaltungen

Die Verhandlung begann mit der Vernehmung des als Zeugen geladenen LKA-Beamten Schmidt, der seit Anfang 2014 im Auftrag des Generalbundesanwalts gegen Mahmut Kaya ermittelt hat. Die Ermittlungen ergaben, dass der kurdische Politiker sich bei den Kommunalwahlen in der Türkei für die legale Partei BDP engagiert hat. In der Bundesrepublik soll Kaya Demonstrationen und Versammlungen vorbereitet und besucht haben. In diesem Zusammenhang organisierte er Busse für Veranstaltungen, sorgte für die Erstellung von Flyern für Demonstrationen, sammelte Geld für den Wahlkampf der BDP in seiner Heimatstadt Çewlîg (Bingöl) und regte an, dass in den sozialen Medien für eine Demonstration geworben wird. Inhaltlich ging es bei den observierten Veranstaltungen um Proteste gegen die Isolation des PKK-Gründers Abdullah Öcalan, um Kobanê oder die Forderung „Autonomie für Kurdistan, Demokratie für Syrien“.

„Leute besuchen“ und „Dings“

Dass Mahmut Kaya in seiner mutmaßlichen Funktion als Gebietsleiter in Bremen auch Spenden für die PKK gesammelt hat, ergaben die Ermittlungen nicht. Der Zeuge Schmidt konnte lediglich benennen, dass in der überwachten Telekommunikation Begriffe wie „Leute besuchen“ und „Dings“ verwendet wurden, was ein Synonym für Spendensammlungen sei. Auf Nachfrage von Verteidiger Alexander Kienzle räumte der Staatschutzbeamte ein, dass das Wort „Dings“ auch in anderen Zusammenhängen benutzt werden könne.

PKK als Konfliktschlichter

Die Stellung Mahmut Kayas in Bremen ist nach Ansicht des Staatsschutzes auch daran deutlich geworden, dass er als Schlichter in einem Konflikt angefragt worden sei, was er jedoch abgelehnt habe. Auf Nachfrage erläuterte Schmidt, die PKK stelle bei sozialen Problemen innerhalb der kurdischen Community Konfliktschlichter, lehne eine Einmischung jedoch ab, wenn es zum Beispiel um Drogen oder Wucher gehe.

Ein Treffen mit Yüksel Koç

Observiert wurde 2014 auch ein Treffen Mahmut Kayas mit dem heutigen Ko-Vorsitzenden des kurdischen Dachverbands KCDK-E, Yüksel Koç. Der in Bremen lebende Koç wurde lange Zeit von der deutschen Polizei geschützt, weil Attentatspläne des türkischen Geheimdienstes MIT gegen ihn bekannt geworden waren. Koç ist einer der 14 Kurdinnen und Kurden, die am 17. Dezember in Straßburg in einen unbefristeten Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans getreten sind. Sein Zustand ist mittlerweile sehr kritisch. Ein Straftatbestand ergab sich aus der Observation des damaligen Treffens zwischen Kaya und Koç in Bremen nicht.

Verhandlung vertagt

Die Verhandlung wurde auf den 12. Februar um 13 Uhr vertagt. Weitere Verhandlungstermine sind der 13. Februar um 13 Uhr, der 22. Februar um 10 Uhr und der 25. Februar um 12 Uhr.