Langer Jugendmarsch: „Selbstorganisiert gegen Rassimus”

Der lange Marsch der kurdischen Jugendbewegung für die Freiheit Abdullah Öcalans befindet sich auf dem Weg von Lehrte nach Celle. Die heutige Etappe ist dem ermordeten Jugendlichen Arkan Hussein Khalaf gewidmet.

Der am Samstag in Hannover gestartete lange Marsch der kurdischen Jugendbewegung für die Freiheit von Abdullah Öcalan hat mit noch größerer Beteiligung als am Vortag in Lehrte die zweite Etappe angetreten. Vor Beginn vertrieben sich einige der Teilnehmenden die Zeit mit gemeinsamem Tanzen, andere führten Diskussionen untereinander. Danach kamen alle zusammen, um den Ablauf des heutigen Tages zu planen. Wie bereits am Vortag wurde vor möglichen Provokationen gewarnt.

 

Um 10.30 Uhr wurde eine Gedenkminute für alle Gefallenen des revolutionären Kampfes abgehalten. Anschließend setzten sich die Aktivist*innen mit Musik und Parolenrufen in Richtung Celle in Bewegung. Die heutige Wegstrecke beträgt 15 Kilometer.

Der zweite Tag des langen Marsches ist dem 15-jährigen Arkan Hussein Khalaf gewidmet. Der junge Ezide aus Şengal, der den Völkermord des IS im Jahr 2014 überlebte, ist im April in Celle von einem Deutschen erstochen worden. Der Prozess gegen den Täter soll in diesem Herbst beginnen. Um auf den rassistischen Mord aufmerksam zu machen, wird auf der Demonstration ein Transparent mit der Aufschrift „Selbstorganisiert gegen Rassimus in Deutschland und überall“ mitgeführt.

Von Celle aus wird der lange Marsch über Unterlüß, Lüneburg, Winsen (Luhe) und Harburg weitergehen und am 11. September in Hamburg eintreffen.

Hintergrund

Der „Lange Marsch“ (kurd. Meşa Dirêj) ist eine traditionelle Veranstaltung der europaweit organisierten kurdischen Jugendbewegung. Das Hauptziel der Demonstration ist es, die Aufmerksamkeit auf die Situation in Kurdistan und von Abdullah Öcalan zu lenken. Der PKK-Gründer und Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung, der als wichtigster politischer Repräsentant der Kurdinnen und Kurden gilt, wurde vor mehr als zwei Jahrzehnten in einer koordinierten Aktion, an der viele Staaten und Geheimdienste beteiligt waren, aus Kenia in die Türkei verschleppt. Die kurdische Gesellschaft bezeichnet diese Phase das „internationales Komplott“. Seit seiner Geiselnahme wird Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer in Isolation gehalten, unter einem beispiellosen Haftregime, das auf körperliche und physische Vernichtung abzielt. Diese langjährige Folter wird durch weitere Einschränkungen der Haftbedingungen verschärft. Es besteht ernstlich Grund zur Sorge um das Leben des 72-Jährigen.

Abdullah Öcalan wendet sich gegen Separatismus und Sezessionismus. Er bietet eine zeitgenössische und demokratische Gesellschaftsalternative zu bestehenden reaktionären, antidemokratischen Mentalitäten und Herrschaftsformen an - nicht nur für das kurdische Volk, sondern für den gesamten Mittleren Osten. Trotz unmenschlicher Haftbedingungen auf Imrali versucht er den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Region entgegenzuwirken, indem er Vorschläge zur Lösung der kurdischen Frage entwickelt. Mit einem Paradigmenwechsel schuf er bereits die Grundlagen, um Nationalismus, Unterdrückung, Krieg und Ausbeutung den Raum zu entziehen.

Den Bemühungen den Schaden zu begrenzen zum Trotz treten die Nationalstaaten umso mehr dafür ein, dass die schon lang anhaltende Krise völlig aus dem Ruder gerät. Vor allem der türkische Staat setzt auf eine Fortsetzung des Krieges und die Vernichtung der kurdischen Identität, um die eigene Existenz zu garantieren. Die Jugendlichen fordern mit ihrem Marsch daher die Aufhebung der Isolationshaft auf Imrali und Bedingungen für Öcalan, in denen er frei leben und arbeiten kann, um so zur Lösung der kurdischen Frage und aller weiteren Probleme im Mittleren Osten beizutragen. Insbesondere mit Blick auf die türkischen Invasionen im südlichen und westlichen Kurdistan soll der Marsch auch als eindeutige Botschaft an alle europäischen Regierungen verstanden werden, die militärische, außenpolitische und wirtschaftliche Beziehungen zur Türkei pflegen. „Als kurdische und internationalistische Jugend vereinen wir uns, um gemeinsam großen Widerstand gegen den Kapitalismus, Faschismus und Kolonialismus zu leisten, um groß zu siegen”, so das Organisationskomitee.