Kurdistan/Rojava-Soliblock auf Münchner Anti-SiKo-Demonstration

Am Samstag wird in München gegen die sogenannte NATO-„Sicherheits”-Konferenz demonstriert. Solidarische und linke Gruppen rufen zur Teilnahme am Block „Solidarität mit Rojava - Schluss mit den Massakern in Kurdistan” auf.

Das Münchner Solidaritätsbündnis für Kurdistan und das Nürnberger Bündnis für Frieden in Kurdistan rufen gemeinsam mit zahlreichen weiteren Gruppen und Organisationen zum Block „Solidarität mit Rojava - Schluss mit den Massakern in Kurdistan” auf der Demonstration gegen die Münchner Sicherheitkonferenz am kommenden Samstag auf. In beiden Städten finden zudem in der kommenden Woche Informations-Veranstaltungen der Kampagne „Rheinmetall Entwaffnen” statt.

Der Aufruf gegen die „SiKo” thematisiert neben den Angriffen auf die Revolution in Rojava auch die profitablen Geschäfte deutscher Konzerne in der Türkei. Kritisiert wird die deutsch-türkische Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung sowie der EU-Türkei-Deal gegen Geflüchtete. Bei der Solidaritätsadresse an den Widerstand in Rojava wird der antipatriarchale Charakter der Revolution und der Beitrag der Frauen hervorgehoben. Der Treffpunkt zum Block ist am Samstag, dem 15. Februar 2020, gegen 12.30 Uhr am Münchner Stachus.

Veranstaltungen rund um „Rheinmetall Entwaffnen”

Die Kampagne „Rheinmetall Entwaffnen” hat neben dem Camp in Unterlüß im letzten Jahr die Hauptversammlung des Rüstungskonzerns etwa eine Stunde verzögern können. Für 2020 wird erstmals offen zum „rebellischen Bühnensturm” auf einer Aktionärsversammlung aufgerufen.

Berliner Aktivist*innen informieren über die Aktion am Mittwoch in Nürnberg und am Donnerstag in München:

Mittwoch, 12. Februar 2020 - 19.00 Uhr - Dialog der Kulturen, Fürther Str. 40a, Nürnberg

Donnerstag, 13. Februar 2020 - 19.00 Uhr - Eine Welt Haus, Schwanthalerstr. 80, München.

Rojava – Selbstorganisierung jenseits von Staat, Nation und Patriarchat

Seit Oktober 2019 greift das autoritäre Erdogan-Regime in einem völkerrechtswidrigen Angriffs- und Besatzungskriegs erneut die befreiten Gebiete Nordostsyriens an: Täglich bombardieren die türkische Armee und ihre islamistisch-faschistischen Söldner Dörfer und Städte und töten, foltern und vertreiben die dort lebenden Menschen. Zerstört werden soll in Rojava die demokratische Autonomie, die dort seit mittlerweile sieben Jahren aufgebaut wird.

Die Revolution von Rojava ist vor allem auch eine antipatriarchale, feministische Revolution der Frauen. Es ist der basis- und rätedemokratische Versuch, eine ökologische und sozial gerechte Gesellschaft aufzubauen. Damit ist Rojava eine gelebte Utopie von Frieden und Solidarität jenseits jahrhundertealter ethnisierter Konflikte. Das Alles ist umso bedeutsamer, als es im Widerstand gegen nationalstaatliche und imperialistische Grenzziehungen und die alten Kräfte der (neo)kolonialen Epoche durch-gesetzt werden muss; gegen Assads Folterregime, die Interessen der NATO-Staaten, insbesondere der Türkei, aber auch gegen die anderen Kriegsparteien wie die autoritären Regime in Russland und Iran oder Saudi-Arabien und Katar.

Deshalb brauchen die Menschen in Rojava unsere weltweite Solidarität! Und wir brauchen die Utopie von Rojava für unsere Kämpfe für eine gerechtere Welt!

Läuft wie geschmiert: Die deutsch-türkische Zusammenarbeit

Was nach außen wie diplomatische Verhandlungen politischer Kontroversen wirken soll, läuft für die deutsche Wirtschaft und Rüstungsindustrie wie geschmiert: Hinter den Leopard-2-Panzern aus dem Hause Krauss-Maffei-Wegmann rollen Fahrzeuge aus dem Hause Daimler unter den Flaggen des türkischen Staates und seiner dschihadistischen Hilfstruppen, um die Menschen in Rojava und Kurdistan anzugreifen, zu töten und zu vertreiben; Obwohl der Rüstungskonzern Rheinmetall der Öffentlichkeit zwar versichert hat, keine Panzer in der Türkei zu bauen, lässt die Internetpräsenz seines Joint-Venture-Erbes mit dem türkischen Panzerbauer BMC auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit schließen.

Auch über Waffenexporte hinaus haben Münchner Konzerne sehr lukrative Geschäftsbeziehungen in der Türkei: Der Siemens AG winken 35 Mrd. Euro für den Aufbau eines Hochgeschwindigkeits-Schienennetzes. Die Allianz ist während der Ära Erdogan zum größten Versicherer in der Türkei aufgestiegen und gegen die auf Spähsoftware spezialisierte Firma Finfisher läuft derzeit ein Ermittlungsverfahren, weil sie offenbar ihren Staatstrojaner an die türkische Regierung verkauft hat, die damit Oppositionelle noch besser ausspionieren kann. Der Wolfsburger VW-Konzern verspricht sich von einem geplanten Werk nahe Izmir neben staatlichen Subventionen vor allem Dumpinglöhne um 2,40 € pro Stunde. Es ist nicht bekannt, dass die Bundesrepublik irgendein Projekt deutscher Konzerne durch die Verweigerung von Hermes-Bürgschaften gefährdet.

Im Gegenteil: Während das Erdogan-Regime täglich Kriegsverbrechen verübt, demokratische Grundrechte außer Kraft gesetzt hat und zehntausende Oppositionelle in Gefängnisse sperrt, arbeiten die Repressionsorgane beider Staaten auf allen Ebenen weiter intensiv zusammen. Besonders eifrig zeigen sich dabei die Münchner Behörden. Vor dem hiesigen OLG wird seit nunmehr vier Jahren der Prozess gegen zehn Aktivist*innen geführt, die der TKP/ML angehören sollen, die zur „ausländischen terroristischen Vereinigung“ (§129b) erklärt wurde, obwohl sie auf keiner entsprechenden Liste auftaucht und in der Bundesrepublik auch nicht verboten ist. Die Beschuldigten mussten seit Verfahrensbeginn die meiste Zeit in bundesdeutschen Haftanstalten verbringen, die somit als verlängerter Arm des Erdogan-Regimes fungieren. Die Verfolgung von Sympathisant*innen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wird wohl nirgendwo sonst in Europa so obsessiv betrieben wie in München und Bayern: Die Palette reicht von 129b-Verfahren über die willkürliche Kriminalisierung von Symbolen, auch der YPG/YPJ, bis hin zu existenzbedrohenden Repressalien bei der Vergabe von Aufenthaltstiteln. Das Münchner Kreisverwaltungsreferat und die Ausländerbehörde zeigen sich dabei bestens informiert über die politischen Aktivitäten von Angehörigen der kurdischen Community. Die Solidarität mit Kurdistan und Rojava soll durch solche Repressionsmaßnahmen erstickt werden.

Weg mit dem EU-Türkei-Deal gegen Geflüchtete!

Der Flüchtlingsdeal, den die EU auf Druck der deutschen Bundesregierung mit dem türkischen Staat eingefädelt hat, ist ein existentieller Angriff auf flüchtende Menschen und die Außerkraftsetzung von Menschenrechten. Das Erdogan-Regime profitiert davon in vielfacher Hinsicht: Es erhält Milliarden für die unwürdige Unterbringung von Geflüchteten, deren Arbeitskraft u.a. von der türkischen Textilindustrie gewinnbringend ausgebeutet wird und die für die global agierende Fashion-Industrie produziert. Mit dem EU-Türkei-Deal hat sich Erdogan das Schweigen und letztlich die politische Rückendeckung für sein autoritäres Regime, die Verfolgung der Opposition bis hin zu seinen völkerrechtswidrigen Angriffskriegen in Rojava erkauft. Nach dem Einmarsch in Rojava vertreibt die türkische Armee die dortige kurdische Bevölkerung und plant die Ansiedlung einer großen Anzahl Geflüchteter aus Syrien und Angehöriger seiner islamistischen Hilfstruppen in einem „Sicherheitsstreifen“. Auch zu diesem Kriegsverbrechen schweigt die deutsche Bundesregierung bis heute.

„Ich erinnere mich noch gut an die jungen kurdischen Kämpferinnen, die ich im Irak kennen gelernt habe. [..] Ich erinnere mich an den Mut dieser jungen Frauen. Und es tut mir wirklich leid, dass so viele von ihnen gestorben sind. Was jetzt geschieht in Syrien, ist skandalös. Dass Präsident Erdogan sich erlaubt, auf syrisches Territorium einzudringen, um die Kur- den zu vernichten, ist unglaublich. [...] Man sollte auch gegen ihn eine Un- tersuchung eröffnen und ihn wegen Kriegsverbrechen anklagen. Er sollte nicht ungeschoren davonkommen.“  Carla Del Ponte – ehemalige Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag sowie bis 2017 Mitglied einer UNHCHR-Kommission, die Menschenrechtsverletzungen in Syrien untersucht.

Bijî Berxwedana Rojava! – Es lebe der Widerstand von Rojava!

Ein großer Verdienst der kurdischen Selbstverteidigungseinheiten YPG/YPJ und der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) ist, in jahrelangen Kämpfen das IS-Kalifat besiegt und hunderttausende Menschen vom IS-Terror befreit zu haben.

Um den Krieg des türkischen Staates gegen Rojava und die kurdische Bevölkerung zu stoppen und das Wiedererstarken des IS zu verhindern, müssen wir die deutsche Bundesregierung und die EU zwingen, endlich den tödlichen und menschenverachtenden EU-Türkei-Deal gegen Geflüchtete und jede Unterstützung des autoritären Erdogan-Regimes sofort zu beenden.

Lasst unsere Solidarität mit den Menschen in Rojava und Kurdistan am 15. Februar 2020 bei den Protesten gegen die Münchner Kriegskonferenz auf den Straßen sichtbar werden! Kommt zum Block „Solidarität mit Rojava“!

UNTERSTÜTZER*INNEN

Bündnis für Frieden in Kurdistan, Nürnberg

Collettivo Sottocultura Antifascista (CSA)

de|con|struct reality

interventionistische linke (il), München

Klimacamp Chiemsee

Kurdisches Gesellschaftszentrum München

linksjugend ['solid] münchen

Make Rojava Green Again

Rise Up 4 Rojava

SARA - Kurdischer Frauenrat München

Women Defend Rojava

VERANSTALTUNGEN

Donnerstag, 13. Februar 2020 - 19.00 Uhr: Vorstellung der Kampagne „Rheinmetall entwaffen“ EineWeltHaus - Schwanthalerstr. 80 - München

https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org/

Donnerstag, 5. März 2020 - 19.00 Uhr: „Experiment Rojava in Syrien“ - Film & Diskussion mit dem Regisseur

EineWeltHaus - Schwanthalerstr. 80 - München

http://klimacamp-chiemsee.de