Kurdische Studierende fordern Solidarität ein

Die Studierendenverbände YXK und JXK rufen zur Solidarität mit den Hungerstreikenden in Straßburg und den türkischen Gefängnissen auf.

In Straßburg beginnt heute ein unbefristeter Hungerstreik für die Aufhebung der Isolation des PKK-Gründers Abdullah Öcalan. Die Studierendenverbände YXK und JXK rufen zur Solidarität auf:

„Seit dem 7. November 2018, also seit nun 40 Tagen, befindet sich die kurdische Politikerin Leyla Güven im Hungerstreik, um auf die derzeitige Lage Abdullah Öcalans aufmerksam zu machen. Sie erklärte dazu in einer Grußbotschaft: „Ich werde meine Aktion fortsetzen, bis ich eine Antwort erhalten habe. Ich weiß, dass dies ein gerechter Kampf ist und wir siegen werden.“ Abdullah Öcalan, der Repräsentant der kurdischen Bevölkerung, sitzt seit dem 15. Februar 1999 im Hochsicherheitsgefängnis Imrali und seit 2014 in Totalisolation.

Hungerstreik als radikalste Aktionsform

Zuvor bekundeten Hunderte Menschen ihre Solidarität mit Leyla Güvens Aktion in Form von befristeten Hungerstreiks. Zahlreiche Aktivist*innen aus Deutschland, Hamburg, Köln, Darmstadt, Hildesheim, Frankfurt, Stuttgart, Köln, Berlin, Nürnberg bis Rojava haben sich daran beteiligt.

Diese Protestform hat jetzt einen neuen Höhepunkt erlangt. Zur Zeit erreichen uns zahlreiche Nachrichten aus türkischen Gefängnissen, dass immer mehr kurdische Gefangene sich dazu entschieden haben, in einen unbefristeten Hungerstreik zu treten, um gegen die Isolation von Abdullah Öcalan und gegen die türkische Invasion auf Rojava zu protestieren. Auch hier in Europa (Straßburg) treten 18 kurdische Aktivist*innen in einen unbefristeten Hungerstreik. Der Hungerstreik ist die radikalste Aktionsform für politische Gefangene und Aktivist*innen, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Der türkische Staat reagierte zuletzt auf die Solidaritätshungerstreiks mit zahlreichen Verhaftungen und Foltermethoden. In mehreren Städten in der Türkei wurden Dutzende Hungerstreikende festgenommen. Türkische Polizisten stürmten dafür Parteizentralen der HDP und private Wohnungen kurdischer Bürger*innen. Die türkische Regierung unternimmt jede Art repressiver Maßnahmen, um den Widerstand der Menschen zu brechen.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Sowohl hinter den türkischen Gefängnismauern als auch in der aktuellen politischen Lage um Kurdistan wiederholt sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Geschichte. Wir fordern alle solidarischen Kräfte dazu auf, zu den Geschehnissen in Kurdistan zu berichten. In der kapitalistischen Moderne ist es einfach, nicht betroffen zu sein. Besser als mit dem Motto ‚Aus den Augen, aus dem Sinn‘ könnte diese Tatsache nicht beschrieben werden. Wir fordern euch auf, die Unsichtbarkeit zu brechen und die Forderungen der Hungerstreikenden sichtbar zu machen. Erst das Thematisieren und Zutagetreten der aktuellen Geschehnisse kann für eine Sensibilisierung der Gesellschaft sorgen. Die Hungerstreikenden zeigen uns, dass das sprichwörtliche Fass bereits zum Überlaufen gebracht worden ist und keine andere Möglichkeit mehr existiert, der extremen politischen Lage sowie der Situation von Abdullah Öcalan gerecht zu werden.

In der Türkei lässt sich, aus kurdischer Sicht, eine den Zeiten des Militärputsches vor 40 Jahren ähnelnde politische Landschaft verzeichnen. Jegliche politische Aktivität von Kurd*innen wird auf das Terrain der Illegalität gedrängt. Zusätzlich wird versucht, Aktivist*innen durch repressive Methoden einzuschüchtern. Auch hier in der Bundesrepublik erkennen wir dieselben Kriminalisierungsformen, die uns an türkische Verhältnisse erinnern. Um gegen das faschistische, menschenverachtende und gewaltsame Vorgehen des türkischen Staates vorzugehen bzw. diesem ein Ende zu setzen, ist die Beendigung der Totalisolation von Abdullah Öcalan von höchster Bedeutung.

Kein Lebenszeichen vom Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung

Das letzte Lebenszeichen von Abdullah Öcalan gab es am 12. September 2016, als sein Bruder ihn besuchen durfte. Seit dem 27. Juli 2011 finden keine Anwaltsgespräche mehr mit dem Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung statt. Abdullah Öcalan widmete sein Leben dem Kampf für Demokratie, Frieden und der Lösung der kurdischen Frage. Er initiierte zahlreiche einseitige Waffenstillstände und unterbreitete konstruktive Lösungsvorschläge, um den von der türkischen Regierung erschaffenen Konflikt zu lösen.

Abdullah Öcalan gilt in der Türkei seit Jahrzehnten als Staatsfeind Nummer 1. Ihm gelang es, die unterdrückte kurdische Gesellschaft zu einem historischen Aufstand zu bewegen und einen kollektiven Widerstand gegen die etlichen Vernichtungs- und Assimilierungsversuche der türkischen Regierung auszurufen, der heute zum Existenzgaranten der Kurd*innen wurde.

Auch Regierungen der Türkei suchten oftmals den Kontakt zu ihm und gaben damit zu verstehen, dass sie Öcalan als Schlüsselrolle für eine Lösung des Konflikts anerkennen. Zwischen 2012 und 2015 führte selbst die faschistische AKP-Regierung Verhandlungen mit ihm. Darin schlug Öcalan einen schrittweisen Friedensplan vor: Von vertrauensbildenden Maßnahmen über einen Waffenstillstand unter internationaler Beobachtung bis hin zu einer dauerhaften politischen Lösung der kurdischen Frage.

Friedensverhandlungen vom türkischen Staat abgebrochen

Die Verhandlungen wurden im April 2015 (inoffiziell, jedoch schon viel früher) seitens der Türkei abgebrochen und mit blutigen und großen Massakern an der kurdischen Bevölkerung beantwortet.

Er schaffte es, die Kurd*innen von der Notwendigkeit einer demokratischen, konföderalistischen Alternative anstatt der eines eigenen Staates zu überzeugen. Er legte die theoretischen und praktischen Grundlagen für die Revolution in Nordsyrien (Rojava), die Befreiung der Frau, ein ökologisch gerechtes Leben und das HDP-Projekt in der Türkei. Trotz Gefängnismauern und eingeschränkter Möglichkeiten inspirierte er Millionen Menschen. In Rojava bauten die Menschen nach seinen Ideen eine multiethnische, multireligiöse und demokratische Gesellschaftsalternative auf. Seine Ideen des demokratischen Konföderalismus, dessen Grundpfeiler die Basisdemokratie, die Frauenbefreiung, Geschlechterbefreiung und ein ausgeprägtes ökologisches Bewusstsein sind, besitzen heute internationalen Charakter und verbreiteten sich weltweit. Dieser Faktor ist es, der den kapitalistischen, autokratischen und faschistischen Übermächten große Sorgen bereitet.

Isolation richtet sich nicht nur gegen Öcalan als Person

Aus diesem Grund richtet sich die totale Isolation von Öcalan nicht nur gegen ihn als Person. Sie betrifft 80 Millionen Bürger*innen und ebenso die Zukunft der Türkei. Denn zusammen mit der Isolation wurde die Entscheidung zum faschistisch motivierten Krieg gegen die Kurd*innen getroffen. Täglich sterben Menschen in der Türkei - und die Öffentlichkeit schweigt.

Der Versuch, Öcalans Ideen mit ihm gemeinsam einzusperren, scheiterte. Millionen Menschen brechen aus den faschistischen, antidemokratischen und patriarchalen Zwängen und verteidigen die Werte einer geschlechterbefreiten, basisdemokratischen und pluralistischen Gesellschaft. Die bis heute unklare Situation über den aktuellen Zustand Öcalans ist Bestandteil eines internationalen Komplotts.

Da der Weg über die politischen Institutionen wie dem CPT immer wieder auf taube Ohren stieß, liegt es nun an den demokratischen Kräften der Gesellschaft den Widerstand gegen die Isolation Öcalans aufzunehmen. Als JXK - Studierende Frauen aus Kurdistan und YXK - Verband der Studierenden aus Kurdistan, rufen wir deswegen alle solidarischen Menschen dazu auf, den unbefristeten Hungerstreik zu unterstützen und Abdullah Öcalan die ihm zustehende Öffentlichkeit zu geben.

Frieden ohne die Freiheit der politischen Gefangenen ist undenkbar. Sie können diese Menschen einsperren, doch ihren Willen niemals brechen. Nieder mit dem türkisch-faschistischen Staatsterror - endlose Solidarität mit dem entschlossenen und historischen Widerstand der Hungerstreikenden! Freiheit für alle politischen Gefangenen! Bijî Serok Apo! #KurdsOnHungerstrike“