Aktivist:innen fordern Recht auf Hoffnung ein

Vor dem UN-Sitz in Genf haben Aktivist:innen auf das Recht auf Hoffnung aufmerksam gemacht und eine politische Lösung der kurdischen Frage über einen Dialog mit dem in der Türkei inhaftierten PKK-Begründer Abdullah Öcalan gefordert.

Protestaktion in Genf

Seit Anfang 2021 fordern Aktivist:innen jeden Mittwoch vor dem Gebäude der Vereinten Nationen (UN) in Genf eine politische Lösung der kurdischen Frage und die Freilassung von Abdullah Öcalan. Von dem in der Türkei inhaftierten PKK-Begründer gibt es seit 43 Monaten keine Nachricht mehr. Heute wiesen die Aktivist:innen ein weiteres Mal auf die Verantwortung der UN, des Europarats und des Antifolterkomitees CPT hin und machten mit Schildern auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und das „Recht auf Hoffnung“ aufmerksam. In Reden wurde betont, dass die kurdische Frage über einen Dialog gelöst und Öcalan in die Gespräche einbezogen werden muss.


Die Kundgebung begann mit einer Gedenkminute für die Gefallenen des Freiheitskampfes in Kurdistan. Ramazan Kizilkurt erklärte im Namen der Aktivist:innen, dass Abdullah Öcalan seit März 2021 vollständig von der Außenwelt abgeschnitten ist und selbst seine Anwält:innen und Angehörigen keine Informationen über seinen Zustand haben. Seine rechtswidrige Isolation sei Folter und ziele darauf ab, die Besatzung Kurdistans und den Völkermord an den Kurd:innen zu vollenden. Dagegen gebe es Widerstand in allen Teilen Kurdistans und insbesondere durch die Guerilla in den Medya-Verteidigungsgebieten. Auch die in der Diaspora lebenden Kurd:innen seien zum Widerstand entschlossen, sagte Kizilkurt: „Wir werden weiter auf die Straßen gehen, bis Abdullah Öcalan freigelassen wird und die Vernichtungsangriffe aufhören.“

Hintergrund: Türkei setzt EGMR-Urteil nicht um

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat bereits 2014 festgestellt, dass die Türkei mit der Verhängung einer nicht reduzierbaren lebenslangen Freiheitsstrafe gegen Abdullah Öcalan und weitere Gefangene gegen das Verbot einer unmenschlichen und erniedrigen Behandlung und damit gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen hat. Öcalan, der 1978 die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gründete, war im Juni 1999, nur vier Monate nach seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenia in die Türkei, wegen „Hochverrats“ zum Tode verurteilt worden. Da die Türkei 2002 die Todesstrafe abgeschafft hat, muss Öcalan nun eine verschärfte lebenslange Freiheitsstrafe absitzen, ohne jegliche Aussicht auf vorzeitige Entlassung. Laut dem EGMR müssen lebenslänglich Verurteilte aber zumindest Aussicht auf eine vorzeitige Haftentlassung haben, das sogenannte „Recht auf Hoffnung“. Das Ministerkomitee des Europarats hat der Türkei vor einer Woche ein weiteres Jahr Zeit gegeben, verpflichtende Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs in Sachen Abdullah Öcalan und weiterer Gefangener umzusetzen.