Kundgebung in Istanbul zum Gezi-Jahrestag

Zum siebten Jahrestag des Beginns des Gezi-Aufstands haben in Istanbul Menschen an die Todesopfer der Proteste erinnert und ihre Bereitschaft bekräftigt, den Widerstand gegen das ausbeuterische System in der Türkei fortzusetzen.

Zum siebten Jahrestag des Beginns der Gezi-Proteste hat in Istanbul eine Kundgebung stattgefunden. Die Teilnehmenden versammelten sich mit Bildern der Toten von Gezi in der Mis Sokak, einer Seitenstraße der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi im Zentrum der Bosporusmetropole, da der Gezi-Park bereits am Vortag von der Polizei abgeriegelt wurde. Auch heute war die Bereitschaftspolizei mit einem massiven Aufgebot wieder aufmarschiert und mit etlichen Wasserwerfern an den Straßenzugängen in Position gegangen.

Die Kundgebung, zu der die Dachorganisation „Taksim Solidarität” - die eine führende Rolle bei den Protesten vor sieben Jahren spielte - aufgerufen hatte, begann mit der Verlesung der Namen der zivilen Todesopfer, die im Zuge des Gezi-Aufstands ums Leben kamen: Berkin Elvan, Ethem Sarısülük, Abdullah Cömert, Ali İsmail Korkmaz, Mehmet Ayvalıtaş, Medeni Yıldırım, Hasan Ferit Gedik und Ahmet Atakan. Nach jeder Namensnennung rief die Menschenmenge „lebt”, gefolgt von der Parole „Überall ist Taksim, überall ist Widerstand”. Angehörige der Opfer konnten an der Kundgebung wegen den Corona-Beschränkungen nicht teilnehmen. 

Nach einer Gedenkminute für die Toten verlas der Rechtsanwalt Can Atalay im Namen der Taksim-Solidarität eine Rede, in der er zunächst daran erinnerte, dass vor sieben Jahren in knapp 80 Provinzen des Landes Millionen Menschen auf die Straße gingen, „um die Städte, Natur, den Fleiß der Arbeiter*innen und die Geschwisterlichkeit zu verteidigen und Gleichberechtigung, Freiheit und Gerechtigkeit zu erlangen.” Weiter führte Atalay aus, dass das System in der Türkei von Ausbeutung lebe und der Konsum eine unerschöpfliche Quelle dessen sei. Nicht nur die Natur werde durch Beton „ersetzt”, auch der Mensch selbst werde „konsumiert”. Gezi dagegen sei ein Aufschrei der Massen gegen jegliche Arten von Ausbeutung gewesen und habe den Ruf „Es ist genug!” reklektiert, sagte Atalay. Auch heute seien etliche Menschen gewillt, den Widerstand gegen dieses System fortzusetzen.

Gezi-Proteste

Die Gezi-Proteste begannen Ende Mai 2013. Sie richteten sich zunächst gegen ein umstrittenes Bauprojekt im Gezi-Park, weiteten sich dann aber zu landesweiten Demonstrationen gegen die islamistische Regierungspartei AKP aus. Der damalige Ministerpräsident und heutige Staatschef Recep Tayyip Erdoğan ließ die Gezi-Proteste von der Polizei blutig niederschlagen. Acht Demonstranten kamen ums Leben, mehr als 8.000 Menschen verletzt, 43 von ihnen schwer.