LafargeHolcim gehört zu einem der größten Baustofflieferanten weltweit. Während der Konzern auf seiner Website mit dem Slogan „Holcim schafft Fortschritt für Menschen und den Planeten“ wirbt, sieht die Realität des Unternehmens anders aus. Neben diverser Umweltskandale fällt insbesondere das aktuelle Verfahren gegen den Konzern ins Auge. Gegen das Großunternehmen wird vom französischen Obersten Gerichtshof wegen nichts weniger als „Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ ermittelt und auch vor der US-Justiz drohen Millionenstrafen wegen Unterstützung des sogenannten Islamischen Staats (IS) in Syrien. Der weltgrößte Zementhersteller, der sich jetzt nur noch „Holcim“ nennt, ist Gegenstand eines Verfahrens wegen engster Zusammenarbeit mit dem IS in Syrien. Der französische Kassationsgerichtshof entschied am Dienstag, dass die Ermittlungen wegen möglicher Beihilfe zu Verbrechen an der Menschlichkeit gegen den schweizerisch-französischen Konzern fortgesetzt werden.
Langer Kampf um Gerechtigkeit
Nach Bekanntwerden der Verbindungen zum IS war LafargeHolcim von einer Reihe von NGOs und von Familien, deren Angehörige bei den Anschlägen am 13. November 2015 in Paris ums Leben kamen, sowie ehemaligen Mitarbeitenden verklagt worden. Bei den koordinierten Anschlägen an fünf verschiedenen Orten in Paris verloren über 100 Personen ihr Leben, mehr als 600 wurden zum Teil schwer verletzt. Zu den Anschlägen bekannte sich später der IS. Ende 2019 hatte ein anderes Gericht diese Anklage verworfen. Aber elf ehemalige Mitarbeiter von Lafarge Cement Syria fochten diese Entscheidung vor dem Kassationsgerichtshof, dem letzten Berufungsgericht Frankreichs, mit der Unterstützung von zwei NGOs an. Das Gericht hob am Dienstag die Entscheidung auf und erklärte, dass eine Person oder ein Unternehmen mitschuldig sein kann, wenn es die Augen vor diesen Verbrechen verschließt, auch wenn es nicht aktiv daran beteiligt ist.
Der Kassationsgerichtshof stellte fest, dass die Richter nun den Antrag von Lafarge auf Abweisung der Anklage erneut prüfen sollten, was bedeutet, dass die Anklage noch einmal aufrechterhalten werden könnte.
13 Millionen Dollar für Dschihadisten
Zum Verfahren wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommen weitere Vorwürfe hinzu. So ermitteln die französischen Untersuchungsbehörden auch wegen der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung (IS), der Gefährdung von Menschenleben sowie der Verletzung eines Embargos. In dem Verfahren geht es darum, dass LafargeHolcim zwischen 2012 und 2014 den IS und andere Terrorgruppen dafür bezahlt haben soll, dass der Konzern seine Produktion in seinem Zementwerk in Syrien fortsetzen konnte. So wurden die Dschihadisten dafür bezahlt, Personal und Rohstoffe passieren zu lassen. Es sollen rund 13 Millionen Dollar an dschihadistische Gruppen geflossen sein. Holcim selbst räumt Zahlungen von fünf Millionen ein und schiebt die Verantwortung auf Einzelpersonen, die nicht mehr bei dem Unternehmen arbeiten, ab.
Auch die US-Justiz ermittelt. Aus einem im Juli veröffentlichten Halbjahresbericht des Unternehmens geht hervor, es habe auf US-amerikanische Anfrage einen „informellen Austausch mit dem Justizdepartement“ gegeben. Zu einem fälligen Verfahren habe Holcim bereits 35 Millionen Franken zurückgestellt. Es wird eine hohe Geldbuße erwartet.
Aktie von Holcim bricht ein
Die Profiteure am schmutzigen Geschäft von Holcim stoßen offensichtlich ihre Anteile an dem Konzern ab. Aufgrund des Bekanntwerdens der US-Ermittlungen sank der Wert der Aktie bereits am Montag um 3,81 Prozent. Ein weiterer Kursabfall ist zu erwarten.