Kocaeli: Polizei stürmt Fabrik und nimmt 200 Arbeiter:innen fest

Die türkische Polizei hat die Farplas-Automobilfabrik in Kocaeli gestürmt und mehr als 200 Arbeiter:innen festgenommen, die für ihre Rechte auf gewerkschaftliche Organisierung und gegen die Entlassung von Kolleg:innen protestieren.

Am Montagmorgen kam es zu einem Großeinsatz der Polizei gegen streikende Arbeiter:innen in einer Fabrik des Automobilherstellers Farplas in Kocaeli. Wie die im linken Gewerkschaftsbündnis DISK organisierte Gewerkschaft Birleşik-Metal-Iş berichtet, stürmte die Polizei das von den Arbeiter:innen besetzte Fabrikgebäude, setzte Pfefferspray ein und nahm über 200 der Streikenden fest. Die Arbeiter:innen hatten nach der Entlassung von Kolleg:innen die Produktion eingestellt. Die entlassenen Arbeiter:innen protestierten ebenfalls in der Fabrik.

Als die Polizeibeamten den Angriff vorbereiteten, stiegen einige Arbeiter:innen auf das Dach und setzten dort ihren Protest mit Slogans fort. Sie riefen: „Wir sind Arbeiter:innen, wir sind im Recht und wir werden siegen.“ Währenddessen kreisten über der besetzten Fabrik Drohnen der Polizei.

Arbeiter:innen drohen vom Dach zu springen

Inmitten des Protestes der stürmte die Polizei die Fabrik. Daraufhin setzten Arbeiter:innen ihren Widerstand auf dem Dach fort. Die Gewerkschaft berichtete über den Angriff: „Die Polizei hält Arbeiter:innen fest und geht auf dem Dach von Farplas gegen sie vor. Die Arbeiter:innen drohen, vom Dach zu springen. Die Behörden sind für jede Verletzung verantwortlich.“ Währendessen formieren Unterstützer:innen Demonstrationszüge und protestieren in Solidarität mit den Festgenommenen.

Die Forderungen der Arbeiter:innen

Die Arbeiter:innen fordern unter anderem Prämienzahlungen, Lohnerhöhungen, keine Anrechnung von geplantem Arbeitsausfall auf den Jahresurlaub, Hilfszuschüsse aufgrund der Preissteigerungen in der Türkei, Anrechnung der Inflation auf die Gehälter sowie eine Erhöhung der Überstundenzuschläge.

Wie kommt es zu dem Protest?

Die Belegschaft der Farplas-Fabrik hatte zunächst eine Lohnerhöhung gefordert. Da das am 19. Januar unterbreitete Angebot für eine Lohnerhöhung jedoch unzureichend war, legte sie aus Protest die Arbeit in der Fabrik nieder. Daraufhin kam es erneut zu Verhandlungen und die Firmeneigner versprachen, dass keine Arbeiter:innen entlassen würden.

Die Produktion ging am 20. Januar weiter. Gleichzeitig wurden auch die Verhandlungen fortgesetzt. In der Zwischenzeit organisierten sich die Beschäftigten gewerkschaftlich bei Birleşik-Metal Iş. Inmitten dieser Entwicklungen wurden fast 150 Arbeitnehmer:innen, unter ihnen mehrere Gewerkschaftsmitglieder, entlassen. Als Grund für die Entlassung wurde vom Arbeitgeber auf ihren Protest am 19. Januar hingewiesen. Als Reaktion auf dieses Vorgehen und die Nichtanerkennung der gewerkschaftlichen Organisierung nahm der Widerstand zu und es kam schließlich zur vollständigen Arbeitsniederlegung in Kocaeli.