Am 9. März wird das Urteil im „KillErdogan“-Prozess in Bern erwartet. Im Gegensatz zur juristischen Dimension des Falls wird die politische Auseinandersetzung am selben Abend mit einer Demonstration fortgeführt. Die Demonstration soll unabhängig vom Urteil stattfinden, wie einer der Organisierenden erklärt: „Bei dem Prozess ging es von Beginn weg um eine politische Botschaft. Das Juristische interessiert primär den türkischen Staat und die Berner Staatsanwaltschaft.“
Bei der Demonstration im März 2017, als das „KillErdogan“-Transparent gezeigt wurde, prangerten linke Aktivist:innen verschiedene Aspekte der türkischen Politik unter Erdogan an. Auch während des Prozesses nutzten die Beschuldigten die Gelegenheit, um ihre Kritik an Erdogan anzubringen. So wies eine beschuldigte Person auf den enormen Anstieg an Femiziden in der Türkei hin, eine andere legte im Gerichtssaal eine Schweigeminute für den armenischen Journalisten Hrant Dink ein, welcher 15 Jahre zuvor in der Türkei von einem rechtsradikalen Jugendlichen ermordet wurde.
Eine der Organisierenden der Demonstration weist darauf hin, dass die politischen Botschaften nicht nur im Gerichtssaal notwendig seien: „Wir müssen unseren Widerstand auf die Straße tragen und unsere Solidarität mit den Kämpfenden in der Türkei und in Kurdistan zeigen.“
An der Demonstration mit dem Titel „Gegen die Diktatur Erdogans - Keine Schweizer Kriegsgeschäfte“ sollen auch die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und der Türkei angeprangert werden. So schreiben die Organisierenden in ihrem Aufruf, man müsse die Verantwortung „im Herzen des Kapitalismus“ wahrnehmen: „Schweizer Konzerne und Banken profitieren von Umweltzerstörung, Repression und Bürgerkrieg in der Türkei.“
Unabhängig davon, wie das Regionalgericht Bern-Mittelland im „KillErdogan“-Prozess urteilen wird, scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein.
Gegen die Diktatur Erdogans - Keine Schweizer Kriegsgeschäfte!
Die Demonstration am 9. März 2022 beginnt um 19 Uhr am Bahnhof Bern. Der vollständige Aufruftext lautet:
Am 9. März 2022 wird das Urteil im „KillErdogan“-Prozess gefällt. Doch ganz egal, wie das Gericht entscheiden wird: Der Widerstand gegen Erdogan und seine Kollaborateure muss auf die Strasse getragen werden.
Seit 2017 das besagte Transparent gezeigt wurde, hat sich die Lage in der Türkei verschärft. Gemeinsam mit islamistischen Milizen hat die türkische Armee verschiedene Städte in Nordsyrien unter ihre Kontrolle gebracht, täglich führt Erdogan seine Kriegspolitik mit Drohnen und Chemiewaffen fort. Die Aufkündigung der Istanbul-Konvention ist nur ein Puzzleteil Erdogans patriarchaler Politik, die sich unter anderem darin zeigt, dass die Zahl der Femizide während seiner Herrschaft um rund 1400 Prozent gestiegen sind.
Wir sagen: Schluss mit Krieg und Terror! Gegen die Vertreibung und Verfolgung fortschrittlicher Kräfte! Kampf dem Patriarchat!
Gleichzeitig sehen wir aber auch einen grossen Widerstand. Trotz grosser Repression gehen die Menschen in der Türkei auf die Strasse und die revolutionären Guerillakräfte fügen der türkischen Armee grosse Niederlagen zu. Das jüngste Aufbäumen des sogenannten IS mit türkischer Unterstützung in Hesekê konnte niedergeschlagen werden.
Auch wir müssen unsere Verantwortung hier, im Herzen des Kapitalismus, wahrnehmen. Schweizer Konzerne und Banken profitieren von Umweltzerstörung, Repression und Bürgerkrieg in der Türkei. Das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und der Türkei nimmt zu und stärkt damit Erdogans Regime. Wie so oft biedert sich die Schweiz als ruhiges Hinterland für einen unterdrückerischen Despoten an.
Lasst uns unsere Kämpfe verbinden! Gegen die Diktatur Erdogans! Keine Schweizer Kriegsgeschäfte!