Prozess zum „KillErdogan"-Transparent in der Schweiz

Im Januar findet in Bern ein Prozess im Zusammenhang mit einem „KillErdogan“-Transparent statt. Das Unterstützungskomitee der vier Beschuldigten informiert über den Hintergrund und wirft der Staatsanwaltschaft vor, sich dem Druck aus der Türkei zu beugen.

Am 18./19. Januar 2022 stehen vier Personen vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland, unter anderem wegen öffentlichem Aufruf zu Gewalttätigkeit und Verbrechen. Ihnen wird vorgeworfen, sich 2017 bei einer Demonstration in Bern bei einem Transparent mit der Aufschrift „KILLERDOGAN“ befunden zu haben. Um die Angeklagten im Prozess zu unterstützen, ist eine Webseite aufgebaut worden, auf der laufend Informationen veröffentlicht werden und die thematischen Hintergründe detailliert aufgeführt sind.

Zu dem Prozess teilt das Unterstützungskomitee mit: „Am 25. März 2017 fand eine Kundgebung gegen die Diktatur in der Türkei in Bern statt. Diese erhielt weltweit Aufmerksamkeit, nachdem Bilder eines Banners medial Verbreitung fanden, auf welchem „KILLERDOGAN - with his own weapons“ stand. Das Regime in der Türkei protestierte unvermittelt, zitierte den Schweizer Botschafter mehrfach herbei und versuchte durch öffentliche Statements, Druck aufzubauen.

Bereits Ende 2017 wurden hierzu erste Personen polizeilich vorgeladen. Lange Zeit schien der Fall jedoch die Staatsanwaltschaft nicht weiter zu interessieren, bis am 18. März 2021 Strafbefehle verschickt wurden. Vier Betroffene wehren sich gegen ihren Schuldspruch in den Strafbefehlen der Staatsanwaltschaft und treten nun den Gang vor das Gericht an.“

Bei der Akteneinsicht sei deutlich geworden, dass das Verfahren nur aufgrund des Drucks der türkischen Regierung erfolgt sein kann, so das Unterstützerkomitee: „Mehrfache, regelmässige Anrufe des Aussendepartementes der Schweiz (EDA) an die Staatsanwaltschaft belegen dies ebenso wie direkte Schreiben der türkischen Botschaft an die Verfahrensleitung.“

„Aktenkundige Einmischung eines fremden Staates“

Rechtsanwalt Dominic Nellen, der einer der Betroffenen verteidigt, äußert sich dazu wie folgt: „Es ist absolut atypisch, dass sich ein fremder Staat derart aktiv und aktenkundig in ein Schweizer Verfahren einmischt.“ Die Berner Justiz habe sich dem Druck aus Ankara gebeugt, kritisiert der Rechtsanwalt: „Es kann nicht angehen, dass das EDA die Gewaltenteilung derart missachtet und sich aktiv für die Interessen der Türkei in einem Berner Strafverfahren einspannen lässt.“

Beim Prozess soll nach Angaben des Unterstützerkomitees nicht nur der lange Arm Erdogans in Europa thematisiert werden. „Erdogan baut in der Türkei eine Diktatur auf, führt einen brutalen Bürgerkrieg und stärkt das patriarchale System“, sagt einer der Beschuldigten, die im Januar vor Gericht stehen. „Die Inhalte der Demonstration vom März 2017 sind heute aktueller denn je. Diese sollen auch der Fokus im Gerichtsverfahren sein.“

Ein weiterer Beschuldigter ergänzt: „Wir wollen im Gerichtsverfahren den breiten Widerstand gegen die Politik in der Türkei in den Vordergrund rücken. Sei dies der Kampf für die Revolution in Nordsyrien, die vielen feministischen Proteste oder auch die parlamentarische Opposition, die sich trotz großer Repression nicht unterkriegen lässt.“