Die Oberstaatsanwaltschaft von Ankara wird kein Ermittlungsverfahren gegen den Chef der Religionsbehörde Diyanet in der Türkei, Ali Erbaş, einleiten. Wie die Behörde am Donnerstag mitteilte, wird von der Strafverfolgung gegen den homophoben Religionsbeauftragten abgesehen. Erbaşs Äußerungen über Homosexualität seien nicht zu beanstanden und stünden im Einklang mit seinen gesetzlich eingeräumten Befugnissen.
Der 48-jährige Theologieprofessor hatte zu Beginn des Fastenmonats Ramadan Ende April seine Freitagspredigt dazu genutzt, um gegen Homosexualität zu hetzen. Darin hatte er zunächt über den Kampf gegen das Coronavirus gesprochen und direkt danach gesagt, dass Homosexualität Krankheiten mit sich bringe und Generationen „verrotten“ würden. Zudem kritisierte er Ehebruch und das Zusammenleben von unverheirateten Paaren, die sich mit dem HI-Virus infizieren würden. Es sei „wissenschaftlich erwiesen“, dass sich „dieses und ähnliche Viren“ durch Schmutz verbreiten.
Die Anwaltskammer der Hauptstadt warf Erbaş daraufhin unter anderem vor, einen Teil der Menschheit mit Hass herabzuwürdigen und diese zum Ziel zu machen, und erstattete Anzeige. Der Diyanet-Chef mache sich seit Beginn seiner Amtszeit dadurch bemerkbar, Frauenhass religiös zu legitimieren und Kindesmissbrauch zu bagatellisieren. Es sei daher nicht verwunderlich, wenn Erbaş das Volk demnächst auffordern würde, Frauen als Hexen zu verbrennen. Daraufhin leitete die Oberstaatsanwaltschaft Ankara Ermittlungen gegen die Anwaltskammer wegen Herabwürdigung religiöser Werte ein.
Erdoğan: Jeder Angriff auf Erbaş ist ein Angriff gegen den Staat
Regimechef Erdoğan hatte sich trotz massiver Proteste voll hinter den homophoben Staats-Imam Erbaş gestellt. Seine Äußerungen seien „absolut richtig“; jeder Angriff auf Erbaş sei ein Angriff gegen den Staat. Auch Justizminister Abdulhamit Gül und Erdoğan-Sprecher Fahrettin Altun verteidigten Erbaş.