Jugendräte starten Kampagne gegen Spezialkrieg

Die HDP/YSP-Jugend sieht sich als Impulsgeber für gesellschaftliche und politische Innovationen und ihre Umsetzung. Im Rahmen des Erneuerungsprozesses der demokratischen Opposition hat sie nun eine Offensive gegen den Spezialkrieg in Kurdistan ausgerufen.

Die Demokratische Partei der Völker (HDP) und die Grüne Linkspartei (YSP) haben nach dem umstrittenen Wahlsieg des AKP/MHP-Regimes in der Türkei einen umfassenden, tiefgreifenden und langfristigen Erneuerungsprozess angestoßen. Bezirks- und Provinzverbände beider Parteien hielten interne Sitzungen ab und führten landesweit öffentliche Volksversammlungen als Mittel für Kritik und Selbstkritik durch. Aufbauend auf dem konstruktiven Austausch mit der Basis wurden Vorschläge entwickelt, wie der Veränderungsprozess zu einem guten Ergebnis kommen und strukturell verankert werden kann. Jetzt liegt der Fokus auf der Planung von Symposien, Konferenzen und Parteitagen sowie der Ausarbeitung einer Roadmap für die finale Transformation der demokratischen Opposition.

Als Impulsgeber für gesellschaftliche und politische Innovationen und ihre Umsetzung gelten traditionell die Jugendverbände der HDP und YSP. Sie haben den Willen, als Rückgrat der Transformation zu wirken und jegliche Strukturen sowie Methoden, die den Erneuerungsprozess behindern, zu entmutigen. Seit Sonnabend tagen nun die Jugendräte von HDP und YSP in Ankara, um ihren eigenen Fahrplan für die kommende Zeit festzulegen. In einem ersten wichtigen Schritt wurde eine Kampagne ins Leben gerufen, die den Leitspruch „Li dijî şerê taybet têkoşînek bi heybet“ trägt. Ziel des „Großen Widerstands gegen den Spezialkrieg“ ist es, von Ethnozid, Kolonialpolitik und Zwangsassimilation über Militärgewalt, Ökozid und Femizid sämtlichen Elementen der komplexen und facettenreichen Spezialkriegsführung des türkischen Staates entgegenzuwirken. Die Jugend in Nordkurdistan und der Türkei steht damit vor einer großen Herausforderung, die von allen Beteiligten viel abverlangen wird und die sie nur gemeinsam lösungsorientiert erfolgreich gestalten kann. Zu den konkreten Inhalten und Hintergründen der Kampagne äußerte sich die YSP-Jugendratsaktivistin Senem Eriş:


Der Krieg in Kurdistan ist die Wurzel unserer vielfältigen Krisen

„Die Politik der Regierung hat dazu geführt, dass wir in einer Zeit leben, in der die Natur geplündert wird, der Wille des Volkes und der Jugend von Zwangsverwaltern usurpiert wird, die Angriffe auf Frauen und ihre Errungenschaften von Tag zu Tag zunehmen, die Arbeit der Werktätigen ausgebeutet wird, Rechtsverletzungen zunehmen und der Krieg sich vertieft.

Dieses ‚Maßnahmepaket‘ der Regierung ist gegen die Interessen des Volkes gerichtet. Dem Krieg steht als größtes Element in der Gegnerschaft zur Bevölkerung eine Sonderrolle zu. Seit 2015 führt das AKP/MHP-Regime einen fortwährenden Krieg gegen das kurdische Volk innerhalb und außerhalb der Landesgrenzen. Dieser Krieg ist die Wurzel der vielfältigen Krisen unserer Gegenwart. Die Grundlage der Kriegspolitik ist die bis heute andauernde Isolation auf Imrali. Die absolute Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan bringt Krieg, und Krieg bringt Armut und Elend. Insofern ist es nicht Abdullah Öcalan, der auf Imrali isoliert wird – es sind die Völker der Türkei. Auf Imrali wird versucht, die gesamte Gesellschaft der Türkei zu ersticken. Wir bekräftigen, dass wir diese Isolationspolitik, die in der Person des kurdischen Volksrepräsentanten gegen alle Völker des Mittleren Ostens betrieben wird, nicht akzeptieren und für die Freiheit der Völker und die Überwindung der Isolation unsere Organisierung ausbauen werden.

Die Jugend wird einem ideologischen Bombardement ausgesetzt

Während die AKP/MHP-Führung einerseits die Gesellschaft durch Unterdrückung einschüchtern will, zielt sie andererseits darauf ab, die Jugend durch eine spezielle Kriegspolitik aus ihrer historischen Rolle herauszulösen. Der Spezialkrieg gegen die Jugend, insbesondere die kurdische, wird auf tiefgreifende, vielschichtige und systematische Art und Weise geführt. Durch sanfte Methoden wie etwa Sport und Kunst, TV-Serien sowie Nachrichtenmagazine werden junge Menschen in diesem Land einem ideologischen Bombardement ausgesetzt.

In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren lag der Schwerpunkt dabei auf Fernsehserien, die Strukturen wie die Polizei, das Militär, die Mafia sowie den Nationalstaat glorifizieren. Damit wird bezweckt, jungen Menschen falsches Heldentum, Besatzung, Usurpation, Plünderung und Ausbeutung aufzuoktroyieren. Sie sollen an falsche Siege, Macht, Nationalismus und Rassismus gebunden werden und sich zu Sklaven des Systems wandeln. Die gefährlichste Dimension des Spezialkriegs ist die Verbreitung von Drogen und Prostitution in der Gesellschaft. Vor allem der Drogenkonsum wird gefördert, um die Jugend zu manipulieren und sie von der Politik zu entfremden. Gleichzeitig steigen die Fälle von sexualisierter Belästigung und Vergewaltigung junger Frauen durch uniformierte Täter. Die Fälle von Gülistan Doku und Ipek Er führen uns die Politik gegen junge Frauen in Kurdistan deutlich vor Augen. Als Jugend werden wir nicht dazu schweigen und uns all jenen widersetzen, die unser Volk in Prostitution und Drogenkonsum zu drängen versuchen.

Der Anspruch und die Kraft, die Geschichte auf revolutionär-demokratischer Grundlage zu gestalten, ist die einzige wahrhafte Realität, die die historische Mission der Jugend bestimmt und daran erinnert. Deshalb sind wir diejenigen, die diese Dunkelheit erhellen und der Gesellschaft eine freie Zukunft bieten werden. Wir haben den Kampf für die Freiheit von Genossen wie Haki, Kemal, Mazlum und Ibrahim übernommen. Indem wir unser Erbe des Widerstands ausbauen, werden wir dieses System, das wie eine dunkle Wolke über den Völkern hängt, beseitigen. Wir werden dieses System, dem die Jugend in Kurdistan und der Türkei unterworfen wird, ändern, indem wir Verantwortung übernehmen.

Im Widerstand gegen die Korrumpierung der Jugend

In diesem Sinne geben wir der gesamten Öffentlichkeit bekannt, dass wir die Kampagne ‚Li dijî şerê taybet têkoşînek bi heybet‘ gegen alle Methoden des Spezialkriegs gestartet haben. Als Jugendräte der HDP und YSP werden wir unseren Erneuerungsprozess im Lichte dieser Kampagne führen – und den Kampf in der kommenden Zeit gemeinsam mit unseren linken, sozialistischen und revolutionären Genossinnen und Genossen verstärken. Wir werden unseren Widerstand fortsetzen, bis wir die Isolation von Abdullah Öcalan durchbrochen haben. Wir werden uns gegen Drogen, das Patriarchat, ökologischen Raubbau, den kulturellen Genozid und alle Arten von ideologischen Mitteln, die die Jugend und die Gesellschaft korrumpieren, zur Wehr setzen. Dazu rufen wir alle Jugendlichen auf, sich zu organisieren und im Rahmen unserer Kampagne gegen den Spezialkrieg zu kämpfen.“