Kurdische Bevölkerung braucht sichere Rückkehrmöglichkeiten
Anlässlich des siebten Jahrestages der türkischen Besetzung der Efrîn-Region in Nordsyrien am 18. März 2018 fordert die Menschenrechtsorganisation Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die deutsche Bundesregierung auf, sich für den Abzug türkischer Truppen aus der Region und für sichere Rückkehrmöglichkeiten für die vertriebene kurdische Bevölkerung einzusetzen.
„Nach dem Sturz des Assad-Regimes und der Machtübernahme der syrischen Islamisten in Damaskus haben viele arabische Siedler, die sich in Efrîn niedergelassen hatten, die kurdische Region verlassen. Einige Kurd:innen sind bereits in ihre Heimat zurückgekehrt, doch die Siedler verlangen von ihnen hohe Summen für die Rückgabe ihrer Häuser und Grundstücke. Sie drohen, Häuser und Wohnungen sonst unbewohnbar zu machen“, berichtet der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido.
Siedlerpraxis in Efrîn muss beendet werden
„Die Bundesregierung muss ihre Kontakte zum türkischen Staat, der hinter den Islamisten in Syrien steht, nutzen, um sich dafür einzusetzen, dass diese Praktiken der Siedler beendet werden. Die Siedler müssen Efrîn verlassen, damit die einheimische Bevölkerung ohne Angst zurückkehren kann. Zudem muss die Türkei sich aus der Region zurückziehen und ihre Angriffe auf Nordsyrien einstellen“, fordert der Nahostreferent. Für eine friedliche Zukunft Syriens sei es unerlässlich, dass eine neue Verfassung die sprachlichen Rechte der Kurd:innen und Assyro-Aramäer:innen sowie Religionsfreiheit und kommunale Selbstverwaltung für Drus:innen, Alawit:innen und andere Minderheiten garantiert.
Der Angriffskrieg gegen Efrîn begann am 20. Januar 2018
Für christliche sowie ezidische Gläubige und andere religiöse Minderheiten müsse das Recht auf Glaubensfreiheit uneingeschränkt gewährleistet werden. Auch die Rechte der syrischen Frauen dürften in der Verfassung nicht vernachlässigt werden. Deutschland müsse die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) unterstützen, eine solche Verfassung für Syrien durchzusetzen. „Die neuen islamistischen Machthaber in Syrien dürfen mit ihrem Vorhaben, ein sunnitisch-islamistisches Regime zu installieren, nicht durchkommen. Mit den Massakern und andauernden Angriffen auf die alawitische Bevölkerung Syriens haben sie ihr wahres Gesicht gezeigt. Sie dürfen deshalb weder von der Politik noch von den Medien verharmlost werden“, fordert Sido, der selbst in Efrîn geboren wurde.
Besatzung nach zweimonatigem Widerstand
Nach einem rund zweimonatigen Abwehrkampf der Kurd:innen marschierte die Türkei am 18. März 2018 mit ihren islamistischen Söldnern in Efrîn ein. Rund 400.000 Kurdinnen und Kurden wurden vertrieben, Tausende wurden getötet, alle kurdischen Schulen sowie die erste kurdische Universität Syriens wurden zerstört. Heiligtümer der kurdischen Ezid:innen und Alevit:innen sowie kurdische Friedhöfe wurden ebenfalls vernichtet oder geschändet. Auch die kleine christliche Gemeinde der kurdischen Konvertierten wurde zerstört. Sieben Jahre nach Beginn der Besatzung gibt es noch etwa 25 türkische Militärstützpunkte. Einige Dörfer, in denen die türkische Besatzungsarmee stationiert ist, dürfen von ihren kurdischen Bewohner:innen nicht betreten werden.
Bundesregierung soll sich bei Kurd:innen entschuldigen
„Obwohl der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages den türkischen Einmarsch in Efrîn als völkerrechtswidrig einstufte, unterstützte die damalige Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) den türkischen Staat politisch, diplomatisch und mit Waffen. Dafür sollte sich die Bundesregierung bei den Kurd:innen entschuldigen“, fordert Dr. Kamal Sido. „Das Argument der Türkei, in Syrien die PKK zu bekämpfen, war ein Vorwand, um die kurdische Selbstverwaltung in Efrîn zu zerstören und die Region kurdenfrei zu machen. Das muss die Bundesregierung endlich öffentlich anerkennen.“