Istanbul: Festnahmewelle gegen Boğaziçi-Studierende

Nach den gestrigen Protesten gegen die Ernennung eines AKP-Politikers zum Rektor der Istanbuler Boğaziçi-Universität sind am Dienstagfrüh mindestens 16 Studierende festgenommen worden. Nach zwölf weiteren Personen wird gefahndet.

Nach den Studierenden-Protesten vom Montag gegen die Ernennung eines AKP-Politikers zum Rektor der Istanbuler Boğaziçi-Universität hat die Polizei am Dienstagmorgen zahlreiche Razzien durchgeführt. Wie es heißt, sind bisher sechzehn Studentinnen und Studenten bei provinzweiten Hausdurchsuchungen festgenommen worden. Nach zwölf weiteren Personen, die als Beteiligte der Proteste identifiziert worden seien sollen, wird weiter gefahndet. Vorgeworfen wird ihnen ein Verstoß gegen das Demonstrationsgesetz und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Rund tausend Studierende verschiedener Hochschulen im Großraum Istanbul hatten am Montag gegen die Ernennung von Melih Bulu zum Leiter der renommierten Boğaziçi-Universität durch Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan protestiert. Die Demonstrierenden riefen immer wieder „Wir wollen keinen staatlich ernannten Rektor“ und „Er wird gehen, wir bleiben!“. Der Lehrkörper verabschiedete eine Erklärung, in der die Berufung Bulus als Verletzung der Wissenschaftsfreiheit und als Verstoß gegen die demokratischen Werte der Universität verurteilt wird. Der 50-Jährige hatte 2015 versucht, mit Hilfe der islamistischen AKP ein Parlamentsmandat zu erringen. Am Freitag war er von Erdoğan als Leiter der Universität Boğaziçi eingesetzt worden. Es ist das erste Mal seit 1980, dass der Rektor nicht von der Hochschule selbst bestimmt wurde.

An den von massiver Polizeigewalt und dem Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern überschatteten Protesten gegen Bulu beteiligten sich auch zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen und Menschenrechtsgruppen. Eine Gruppe Studierender, die am Rande der Proteste unter Schlägen und Tritten festgenommen worden waren, kam laut Polizeiangaben am Montagabend wieder frei.