Istanbul: Festnahmen bei Presseerklärung zum 1. Mai

In Istanbul sind elf Aktivist*innen der Partei der Arbeiterbewegung (EHP) bei der Verlesung einer Presseerklärung zum 1. Mai festgenommen worden.

Die Polizei in Istanbul hat elf Mitglieder der Partei der Arbeiterbewegung (türk. „Emekçi Hareket Partisi”, EHP) bei der Abgabe einer Presseerklärung zum Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse am 1. Mai festgenommen. Unter den Betroffenen ist auch die Parteisprecherin Özge Akman. Die Polizei begründet die Festnahmen der Aktivist*innen damit, dass keine Erlaubnis beim Gouverneursamt für die öffentliche Presseerklärung eingeholt worden sei. Diese Regelung schließt politische Parteien laut Gesetzeslage allerdings aus.

Die Zusammenkunft der EHP-Mitglieder im Stadtteil Şişli hatte mit einer Schweigeminute für die Todesopfer des Polizeiangriffs auf die Istanbuler Mai-Demonstration im Jahr 1977 begonnen. Anschließend riefen die Aktivist*innen die Parole „Es lebe der 1. Mai“. Unmittelbar danach kam es zu dem polizeilichen Übergriff. Einige der Beamten verstießen großzügig gegen die Verhaltensregeln der Corona-Verordnung und trugen weder Mundschutz noch Handschuhe.  

Taksim-Massaker

Bei dem Massaker am 1. Mai 1977 am Istanbuler Taksim-Platz waren offiziellen Angaben nach 37 Menschen von türkischen Sicherheitskräften getötet worden. Rund 200 Demonstrant*innen wurden verletzt, über 500 Personen wurden festgenommen. Der 1. Mai 1977 stellt eine Zäsur in der Geschichte der Arbeiterbewegung in der Türkei dar. An der damaligen Demonstration zum Tag der Arbeit nahmen weit über 500.000 Menschen teil. Viele von ihnen hatten den Platz noch nicht einmal betreten, als die ersten Schüsse fielen. Anschließend griffen die Sicherheitskräfte mit gepanzerten Fahrzeugen an. Sie feuerten Gasgranaten ab und setzten Wasserwerfer ein. Panik brach aus. Die Zahl der Opfer ist immer noch ein umstrittenes Thema.