Istanbul: Anwälte fordern Freilassung von Hungerstreikenden

Die hungerstreikenden Anwält*innen Ebru Timtik und Aytaç Ünsal sind aus dem Gefängnis Silivri in die Gerichtsmedizin verlegt worden. In Istanbul forderten Kolleg*innen ihre sofortige Freilassung.

Seit Monaten befinden sich die inhaftierten Rechtsanwält*innen Ebru Timtik und Aytaç Ünsal mit der Forderung nach einem fairen Prozess im Hungerstreik. Am Mittwochmorgen wurden sie aus dem Gefängniskomplex Silivri in die Gerichtsmedizin verlegt. Vor dem Justizgebäude im Istanbuler Stadtteil Çağlayan haben Kolleginnen und Kollegen ihre sofortige Freilassung gefordert.

An der Protestaktion nahmen neben den Rechtsanwält*innen, die sich als „Koordination Freiheit für die Verteidigung“ zusammengeschlossen haben, auch Mitglieder der Gefangenenhilfsorganisation TAYAD und der Vater des im Hungerstreik im Gefängnis verstorbenen Mustafa Koçak teil.

Ein Gericht in Istanbul hatte am Montag einen Antrag auf Überprüfung der Haftfähigkeit von Timtik und Ünsal angenommen. Sollte die Gerichtsmedizin eine Haftunfähigkeit bescheinigen, stünde der Freilassung von Timtik und Ünsal aus rechtlicher Sicht nichts mehr im Weg.

Ebru Timtik, eine Anwältin der linken Vereinigung „Rechtsbüro des Volkes“ (türk. Halkın Hukuk Bürosu“), befindet sich seit mittlerweile 209 Tagen im sogenannten Todesfasten, ihr Kollege Aytaç Ünsal verweigert seit 178 Tagen jegliche Nahrungsaufnahme. Mit der Aktion fordern sie ein gerechtes Verfahren. Beide wurden aufgrund von widersprüchlichen Aussagen eines Kronzeugen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Aussagen des Überläufers Berk Ercan haben bisher zur Verhaftung von knapp 200 Menschen geführt. Unter ihnen waren auch mehrere Mitglieder der Musikgruppe Grup Yorum und Mustafa Koçak, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden war und am 24. April nach 297 Tagen Hungerstreik verstarb. Sie alle wurden im Komplex der Verfahren gegen vermeintliche Angehörige der DHKP-C nach Terrorparagrafen verurteilt.

Das Revisionsverfahren für die Neuprüfung des Urteils gegen Timtik und Ünsal vor dem Kassationshof in Ankara ist noch anhängig.