Abu Hatem Shaqra, ein Kommandeur der syrischen Fundamentalistengruppe Ahrar al-Sharqiya, hat seinen Abschluss an einer türkischen Universität in der Provinz Mêrdîn (tr. Mardin) gemacht. Das berichtet der Journalist Ferid Demirel im Onlineportal Bianet. Shaqra hatte sich unter dem Namen Ahmed İhsan Fayyad el-Hayes im Fachbereich Politikwissenschaften der Universität eingeschrieben.
Vor seiner Universitätslaufbahn nahm Shaqra als Mitglied der Miliz Ahrar al-Sharqiya an türkischen Militäroperationen in Nordsyrien teil. Ahrar al-Sharqiya wird von den Vereinten Nationen wegen Kriegsverbrechen angeklagt und ist für die Hinrichtung der kurdischen Politikerin Hevrîn Xelef im Herbst 2019 verantwortlich.
Shaqra ist „der Anführer von Ahrar al-Sharqiya und direkt an vielen Menschenrechtsverletzungen der Miliz beteiligt", so das US-Finanzministerium in seiner Entscheidung von 2019, die Gruppe und Shaqra persönlich zu sanktionieren. Dem Ministerium zufolge war Shaqra in den Handel mit ezidischen Frauen und Kindern verwickelt und nahm Mitglieder des Islamischen Staates (IS) in die Miliz auf. „Ahrar al-Sharqiya hat im Nordosten Syriens zahlreiche Zivilisten getötet, darunter auch medizinisches Personal. Die Miliz hat auch Entführungen, Folter und Beschlagnahmungen von Eigentum von Zivilisten durchgeführt und vertriebene Syrer daran gehindert, in ihre Häuser zurückzukehren", erklärte das Finanzministerium.
Bei der Abschlussfeier an der Universität Artuklu am Dienstag posierten Shaqra und eine Gruppe von etwa 20 Personen mit der Flagge der Syrischen Nationalen Armee, die früher als Freie Syrische Armee (FSA) bekannt war, berichtete Demirel. Fotos des syrischen Milizionärs im Diplomgewand wurden von seinem Cousin auf Facebook gepostet.
Shaqra habe an hochrangigen Treffen mit von der Türkei unterstützten Gruppierungen in Syrien teilgenommen und sei von den von der Türkei unterstützten Kräften im besetzten Efrîn ausgezeichnet worden, so der Journalist. Die islamistische Terrorgruppe Ahrar al-Sharqiya hat sich Anfang 2016 gebildet, viele ihrer Mitglieder stammen aus Deir ez-Zor. In Efrîn haben Mitglieder der Miliz des türkischen Besatzungsregimes zuletzt vier Kurden während einer Newrozfeier im vergangenen März erschossen.
Brutale Hinrichtung von Hevrîn Xelef
Hevrîn Xelef, Generalsekretärin der Syrischen Zukunftspartei, wurde während der türkischen Invasion in Girê Spî und Serêkaniyê in Nordsyrien am 9. Oktober 2019 auf der Straße nach Ain Issa von der islamistischen Terrorgruppe Ahrar al-Sharqiya gefoltert und ermordet. Die Mörder veröffentlichten hinterher Videos von dem Vorfall. Hevrîn Xelef wurde auf den Kopf und die Beine geschlagen, bis ihre Knochen brachen. Sie wurde mit Messern verstümmelt und ihr wurden die Haare ausgerissen, bevor sie durch fünf Kugeln, eine in den Kopf und vier in die Brust, hingerichtet wurde. Als Diplomatin hatte die 34-jährige Politikerin an Verhandlungen mit internationalen Delegationen, unter anderem aus den USA und Frankreich, teilgenommen.
Während Ahrar al-Sharqiya zunächst eine Beteiligung bestritt, erklärte die Gruppe später gegenüber der BBC, dass der Mord an Xelef von einer Einheit begangen wurde, die „ohne Erlaubnis" einen Kontrollpunkt entlang der Autobahn M4 eingerichtet hatte. Die Einheit wurde beim Überqueren der Grenze von der Türkei nach Syrien gesehen, berichtete die BBC.
Damals meldeten Yeni Şafak, Yeni Akit, Takvim und verschiedene andere regierungsnahe Zeitungen in der Türkei die brutale Hinrichtung von Hevrîn Xelef als erfolgreiche „Neutralisierung einer Terroristin“. Brett McGurk, ehemaliger US-Sondergesandter für die Koalition zur Bekämpfung des IS, verurteilte die Berichte und bezeichnete den Mord als Kriegsverbrechen.