Irak-Wahlen: Kein klarer Favorit

Die erste Parlamentswahl im Irak nach dem militärischen Sieg über den IS gilt als wegweisend für die Zukunft des Landes. Von den über 24 Millionen Wahlberechtigten gingen nur knapp 45 Prozent an die Wahlurne.

Bei der ersten Parlamentswahl im Irak seit dem militärischen Sieg über die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat sich am Samstag eine geringe Wahlbeteiligung abgezeichnet. Von den über 24 Millionen Wahlberechtigten gingen nur knapp 45 Prozent an die Wahlurne. Insgesamt waren 23 Allianzen, 45 politische Parteien und 19 Unabhängige angetreten. Auf 87 Listen konkurrierten 7.187 Kandidat*innen, 2014 von ihnen Frauen, für einen der 329 Sitze im irakischen Parlament. Auch in Südkurdistan haben nur wenige Wahlberechtigte von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht. Nach der Stimmauszählung wurde deutlich, dass die traditionellen Parteien geschwächt aus den Wahlen gingen. Doch wie erwartet, machte in Hewlêr (Erbil) die PDK das Rennen, in Silêmanî (Sulaymaniyah) lag die YNK vorne.

Kritik wegen Wahlbetrug

Unterdessen erhoben die Gorran-Bewegung, die Koalition für Demokratie und Gerechtigkeit, die PDK, Yekgirtû, Komela Islamî sowie die Bewegung Nifşê Nû (Neue Generation) den Vorwurf des Wahlbetrugs. Insbesondere aus Silêmanî und Halabja wurde massive Manipulation gemeldet.

Zwei Sitze für die Bewegung Nifşê Nû

Insgesamt waren 24.349.357 Menschen im Irak und der Autonomen Region Kurdistans wahlberechtigt. Nach der Stimmenauszählung sieht die Sitzverteilung für gewälte Kandidat*innen aus den großen kurdischen Städten folgendermaßen aus:

Hewlêr: PDK: 68.285 Stimmen, YNK: 17.236 Stimmen, Nifşê Nû: 11.232 Stimmen, Koalition für Demokratie und Gerechtigkeit: 9.789, Gorran-Bewegung: 6.254 Stimmen, Komela Islamî: 5.369 Stimmen, Yekgirtû: 3.254 Stimmen. Somit erhält die PDK acht Sitze, die YNK drei, an die Yekgirtû fallen zwei Sitze und die Komela Islamî sowie die Gorran-Bewegung müssen sich mit jeweils einem Sitz im irakischen Parlament zufrieden geben.

Dihok: Hier erhielt die PDK etwa 84.000 Stimmen, die Yekgirtû ca. 41.100, fast 24.000 Stimmen gingen an die Koalition für Demokratie und Gerechtigkeit, Nifşê Nû erhielt 638, die Gorran-Bewegung 536 und die Komela Islamî erhielt 252 Stimmen. Hier sieht die Sitzverteilung wie folgt aus: PDK: Neun Sitze, Yekgirtû: Zwei Sitze.

In Silêmanî gingen 37.023 der Stimmen an die YNK, weitere 25.267 Stimmen an die Gorran-Bewegung, an die Bewegung Nifşê Nû fielen10.193 Stimmen, die Koalition erhielt 7.398 Stimmen, die Komela Islamî 5.650 und die Yekgirtû 3.638 Stimmen. Wie die Sitzverteilung für Silêmanî aussehen wird, war am Abend noch nicht bekannt. Auf Basis der Sitzkontingente geht in Hewlêr und Dihok jeweils ein Sitz an die Christliche Partei.

Deutlicher Anstieg der Nichtwählerzahlen

Die Wahlbeteiligung lag im gesamten Land nur bei 44,5 Prozent, teilte die Wahlkommission in Bagdad mit. Das ist die geringste Beteiligung seit dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003. Vor vier Jahren lag die Wahlbeteiligung bei rund 60 Prozent. Damals waren insgesamt 34 Parlamentssitze an die PDK gegangen. Weitere 19 Sitze gingen an die YNK und 17 Sitze an die Gorran-Bewegung.

Vier große Parteien fordern Wahlwiederholung

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten die Gorran-Bewegung, die Koalition für Demokratie und Gerechtigkeit, die Yekgirtû und die Komela Islamî die Widerholung der Wahlen. Demnach sei das elektronische Wahlsystem gehackt worden, hieß es. „Wir lehnen die gesamte Wahlphase ab und akzeptieren ihn nicht. Wir fordern das irakische Parlament auf, die Stimmabgabe in der Autonomen Region Kurdistan sowie in Kerkûk und anderen umstrittenen Regionen zu wiederholen“, so die Wahlkritiker.