Irak überreicht iranischem Botschafter Protestnote

Die Angriffe Irans auf Südkurdistan zur Ablenkung von dem Volksaufstand im Land dauern an. Das irakische Außenministerium hat dem iranischen Botschafter in Bagdad eine Protestnote überreicht.

Das irakische Außenministerium hat dem iranischen Botschafter in Bagdad am Donnerstag im Zusammenhang mit den Angriffen der Revolutionsgarde auf Gebiete in der Kurdistan-Region Irak (Südkurdistan) eine offizielle Protestnote überreicht. Darin würden unverzügliche Maßnahmen zur Einstellung der Bombardierungen gefordert, teilte Ministeriumssprecher Ahmed Al-Sahhaf mit. Der Irak werde ein diplomatisches Verfahren auslösen, um eine starke Antwort auf diesen „gravierenden“ Verstoß gegen die Grundsätze der guten Nachbarschaft und die eklatante Missachtung der Bevölkerung des Iraks zu geben, so Al-Sahhaf.

Seit sechs Tagen bombardieren Korps der iranischen Revolutionsgarden (IRGC) inzwischen südkurdisches Territorium. Betroffen von den Angriffen mit Präzisionsraketen und Drohnen sind Quartiere der in Iran ansässigen Oppositionsparteien PDK-I (Demokratischen Partei Kurdistan-Iran), PAK (Freiheitspartei Kurdistan), PJAK (Partei für ein freies Leben in Kurdistan) sowie Komala im Großraum von Hewlêr (Erbil) und Silêmanî und zivile Siedlungsgebiete. Nach Behördenangaben in Südkurdistan forderten die Attacken bisher 13 Menschenleben, 58 weitere Personen wurden verletzt. Bei einer Vielzahl der Opfer handelt es sich um Zivilpersonen.

Allein am Mittwoch waren in Südkurdistan mindestens 73 iranische Raketen eingeschlagen, unter anderem in einer Flüchtlingssiedlung für Vertriebene aus Iran im Distrikt Koyê bei Hewlêr. Unter den Toten befindet sich auch eine schwangere Frau, außerdem wurden drei Journalist:innen des Fernsehsenders K24 verletzt. Das iranische Staatsfernsehen meldete, dass „die Bodentruppen der Revolutionsgarden mit Präzisionsraketen und (...) Drohnen mehrere Hauptquartiere separatistischer Terroristen im Nordirak ins Visier genommen“ hätten.

Ablenkungsmanöver Irans

Mit den Angriffen auf Südkurdistan will das Regime in Irans Hauptstadt Teheran vom Volksaufstand im Land ablenken. Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini in Polizeihaft der iranischen Sittenpolizei vor zwei Wochen werden Ostkurdistan und Iran von einer massiven Protestwelle gegen den herrschenden Klerus und das System der Islamischen Republik erfasst. Die ostkurdischen Parteien im Süden unterstützen die Proteste und verurteilen ihre gewaltsame Niederschlagung, bei der nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Oslo bislang mindestens 76 Menschen ums Leben gekommen sind.

Die Bundesregierung verurteilte die iranischen Angriffe ausdrücklich. Deutschland sehe die Angriffe Irans vor dem Hintergrund der innenpolitischen Proteste in Iran mit großer Sorge, erklärte das Auswärtige Amt am Mittwoch in Berlin. „Versuche, die Ursachen der Proteste in Iran im Nachbarland zu verorten, weisen wir klar zurück“, betonte das Ministerium und forderte Iran auf, die Angriffe sofort einzustellen.

Auch Großbritannien forderte das Regime in Teheran auf, die „willkürlichen Bombardierungen“ zu beenden und nannte die Angriffe „eine Verletzung der Souveränität und der territorialen Integrität des Irak“ und „völlig inakzeptabel“. Der Sicherheitsberater des Weißen Hauses in Washington, Jake Sullivan, sagte, die iranische Führung zeige durch die Angriffe weiterhin „eine eklatante Missachtung“ nicht nur des eigenen Volkes, sondern auch „seiner Nachbarn und der in der UN-Charta verankerten Grundprinzipien der Souveränität und territorialen Integrität“. Die USA hatten am Mittwoch einen F-15-Kampfflieger aufsteigen lassen, um eine iranische Drohne abzuschießen, die sich US-Stellungen in Hewlêr näherte.