Bei Razzien in Nordkurdistan und der Türkei sind in dieser Woche etwa 300 Personen aus der Demokratischen Partei der Völker (HDP), der Partei der Demokratischen Regionen (DBP), der Bewegung Freier Frauen (TJA), des Hilfsvereins für die Familien Gefangener (TUAY-DER) und des Demokratischen Islam-Kongresses (DIK) sowie Journalistinnen und Journalisten festgenommen worden.

Alleine in Amed (Diyabakir) wurden von 151 gesuchten Personen 141 festgenommen, gegen 25 Betroffene erging Haftbefehl wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation.

Der HDP-Abgeordnete von Êlih (Batman), Necdet Ipekyüz, forderte im Gespräch mit ANF die sofortige Freilassung der Verhafteten.

Ipekyüz erinnerte daran, dass es schon früher nach Erfolgen bei Kommunalwahlen zu politischen Angriffen auf Bürgermeister, Aktivistinnen und Aktivisten gekommen ist:

„Die Bilder unserer gefesselten Freundinnen und Freunde sind nicht vergessen. Tatsächlich sind später Erklärungen verbreitet worden, dass diese politischen Angriffe von Gülen-Anhängern in der Justiz durchgeführt worden sind. Was auch immer herauskommen mag, diejenigen, die sich von unseren demokratischen Errungenschaften gestört fühlen, haben erneut begonnen, diese zu kriminalisieren, um unseren Erfolg zu verhindern. Damit versuchen sie, sich selbst stärken. Als Reaktion darauf wird unser Volk jedoch noch unbeugsamer und der Widerstand wird gestärkt. Während die Diskussionen um die Kommunalwahlen weitergehen, haben wir als Partei mit der Vorbereitung auf mögliche vorgezogene Wahlen begonnen. Grundlage dieser Arbeit sind unsere Selbstkritik und die Frage, an welcher Stelle Fehler und Schwächen aufgetreten sind. Außerdem haben wir mit einer breiten Kampagne für die Wahlen begonnen, die alle gesellschaftlichen Gruppen einschließen soll.“

„Wir müssen eine Person aus diesem Haus mitnehmen, wer will kommen?“

Ipekyüz spricht von dem hohen Niveau an Moral, Leidenschaft und Beteiligung, das bei den Wahlvorbereitungen zu spüren sei: „Wenn wir uns die Regierung anschauen, dann hat sie Erklärungen abgegeben, mit denen sie die Arbeit unserer Partei kriminalisiert. Erdoğan geht sogar so weit, dass er ankündigt, bei einem Misserfolg seiner Partei in den Gemeinden Treuhänder zu ernennen. Wir setzen unsere Arbeit trotzdem fort. Jeder verbale Angriff stärkt die Solidarität in unserer Arbeit.

Die jüngsten Festnahmen haben in Êlih begonnen. Danach haben sie in Amed und vielen anderen Städten hunderte Personen festgenommen. Die Ermittlungsakten haben keinerlei Inhalt. In Êlih ist die Polizei in ein Haus eingedrungen und hat gesagt: ‚Wir müssen einen aus diesem Haus mitnehmen, wer will mitkommen?‘“

„Die Angriffe beruhen auf Willkür“

Ipekyüz weist auf die Willkür der Angriffe hin und schließt mit den Worten: „Wir haben gesehen, dass nichts in den Akten steht. Da die Akten leer sind, schauen sie, ob die Festgenommenen Jahre zuvor an irgendwelchen Aktivitäten beteiligt waren. Wenn nicht, dann überlegen sie, wie sie etwas konstruieren können. Da diese Angriffe rechtswidrig sind, müssen sie eine Legitimation finden, entweder einen ‚geheimen Zeugen‘ oder eine ‚Anzeige‘. Bei einer Razzia bei unserem Provinzverbandsvorsitzenden von Amed sagte er zur Polizei, sie möge einen Augenblick warten, damit er die Tür öffnen könne. Die Polizisten antworteten: ‚Nein, wir schlagen sie ein.‘ Beim Provinzverbandsvorsitzenden von Êlih war es genauso. Das zeigt uns deutlich, dass diese Angriffe auf Willkür beruhen. Sie sollen langfristig ausgeweitet und die Menschen damit bis zu den Kommunalwahlen gequält werden.“