Ende der Isolation gefordert
Mehr als achtzig Mitglieder des internationalen Solidaritätsnetzwerk hinter der Kampagne „Freiheit für Öcalan: Eine politische Lösung für die kurdische Frage“ haben sich in einem offenen Brief an den Präsidenten des Komitees des Europarates zur Verhütung von Folter (CPT), Alan Mitchell, gewendet. Darin fordern sie, dass das Gremium eine Delegation auf die türkische Gefängnisinsel Imrali entsendet und Klarheit in Bezug auf die Situation von Abdullah Öcalan schafft. Der 75-Jährige befindet sich seit einem Vierteljahrhundert in Isolationshaft, seit mehr als drei Jahren gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm.
Appell folgt auf Konferenz in EU-Parlament
„Seit 36 Monaten wird der kurdische Repräsentant Abdullah Öcalan, der von Millionen Kurdinnen und Kurden als ihr rechtmäßiger politischer Vertreter angesehen wird, vom türkischen Staat unter einer extremen Form der Isolationshaft auf der Gefängnisinsel Imrali festgehalten“, heißt es in dem Appell an Mitchell, der nun auf eine in der vergangenen Woche im Europäischen Parlament in Brüssel von Juristinnen und Juristen, Abgeordneten, Gewerkschaftsmitgliedern, politischen Handelnden und Aktiven verschiedener NGOs aus verschiedenen Ländern zur Lage der politischen Gefangenen in ganz Europa – mit Hauptaugenmerk auf Imrali – ausgerichteten Konferenz folgt.
Öcalan in einer „Leere der Nichtexistenz“ gefangen
Die Unterzeichnenden beschreiben die Haftbedingungen Öcalans als „rechtswidrig und unmenschlich“. Der kurdische Vordenker gelte als „abwesend“ und sei in einer „Leere der Nichtexistenz“ gefangen, da ihm jeglicher Kontakt zur Außenwelt, einschließlich seiner Verteidigung und Familie, verweigert wird. Der türkische Staat habe die Insel Imrali in einen „schwimmenden Sarg“ verwandelt und lehne selbst die Preisgabe von Informationen über Öcalans Gesundheitszustand ab. Dabei sei genau dies für viele Kurdinnen und Kurden, die in ihm die „Stimme ihrer Nation“ sehen, ein höchst sensibles Thema.
„Aus diesem Grund bitten wir das CPT, zu handeln. Als CPT haben Sie das Recht, alle Haftanstalten von Staaten zu besuchen, die die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, einschließlich der Türkei. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, ein Expertenteam nach Imrali zu entsenden, wo die türkische Regierung Ihnen uneingeschränkten Zugang gewähren muss, um den Ort zu besuchen, an dem Herr Öcalan gefangen gehalten wird, und Ihnen zu erlauben, ihn unter vier Augen zu sprechen, damit er frei kommunizieren kann.
Satellitenaufnahme von Imrali
Wir möchten, dass das CPT im Einklang mit Artikel 3 der Satzung des Europarates handelt, der besagt: „Jedes Mitglied des Europarats erkennt den Grundsatz vom Vorrange des Rechts und den Grundsatz an, wonach jeder, der seiner Jurisdiktion unterliegt, der Menschenrechte und Grundfreiheiten teilhaftig werden solle. Es verpflichtet sich, aufrichtig und tatkräftig an der Verfolgung des in Kapitel I gekennzeichneten Zieles mitzuarbeiten.“ Herr Öcalan ist Bürger eines Mitgliedsstaates des Europarates, der ihm seit zweieinhalb Jahrzehnten seine Menschenrechte verweigert und ihm seit drei Jahren das Recht vorenthält, seine Anwälte zu treffen und mit seiner Familie zu sprechen.
Imrali-Isolation ein dringendes Menschenrechtsproblem
Wir bitten Sie in aller Aufrichtigkeit, unverzüglich eine Delegation auf die Insel Imrali zu entsenden, um mit Herrn Öcalan zu sprechen und sich über sein Wohlergehen zu informieren. Im Anschluss daran würden wir es sehr begrüßen, wenn Sie die Türkei dazu ermutigen könnten, ihm den Besuch seiner Familie und seiner Anwälte zu gestatten, und damit den Verpflichtungen des Europarats und des CPT nachkommen. Dies würde dazu beitragen, ein dringendes Menschenrechtsproblem und ein Anliegen von Millionen von Kurdinnen und Kurden anzugehen, und könnte auch den Geist der Versöhnung erneuern, der für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage in der Türkei erforderlich ist.“
Die Liste der gesamten Unterzeichnenden kann hier eingesehen werden: https://firatnews.com/guncel/uluslararasi-dayanisma-agi-ndan-cpt-ye-mektup-197031