In Kobanê hat ein Solidaritätshungerstreik für Abdullah Öcalan und die politischen Gefangenen in der Türkei begonnen. Das Motto lautet „Zeit für Freiheit – Nein zur Isolation“. Für die siebentägige Aktion ist auf dem Şehîd-Egîd-Platz im Stadtzentrum ein Zelt aufgestellt worden.
Der Hungerstreik wurde mit einer Schweigeminute eingeleitet. Anschließend wurden Ansprachen von Arif Bali vom Rat der Gefallenenfamilien und von Rewşen Hacim im Namen des Frauendachverbands Kongreya Star gehalten.
Hacim wies in ihrer Rede auf die seit Jahrzehnten andauernde Isolation Abdullah Öcalans in türkischer Gefangenschaft hin. Seit April 2020 gibt es kein Lebenszeichen mehr von dem kurdischen Vordenker. Die Aktivistin erklärte: „Die Isolation und die Rechtsverletzungen an politischen Gefangenen in der Türkei haben ein extrem hohes Niveau erreicht. Der türkische Staat will einen Genozid am kurdischen Volk verüben. Trotz der ständigen Angriffe ist es dem kurdischen Volk gelungen, die Philosophie Abdullah Öcalans auf der ganzen Welt bekannt zu machen. Das internationale Komplott, das zu seiner Verschleppung in die Türkei geführt hat, dauert auch heute noch auf verschiedenen Ebenen an. Mit den Angriffen auf Nordostsyrien und Şengal soll das von Öcalan entworfene Modell der demokratischen Autonomie zerschlagen werden. Die Verhaftung von Leyla Güven richtet sich gegen den Willen freier Frauen. Der türkische Staat sollte jedoch wissen, dass er uns nicht vernichten kann. Wir alle sind mit der Philosophie Öcalans groß geworden.“
Der Dachverband Kongreya Star hat die erste Etappe des Hungerstreiks übernommen. Am Montag wird der Revolutionäre Jugendverband die Aktion fortsetzen.
Mit Hungerstreiks gegen die Isolation
Die politischen Gefangenen in der Türkei sind seit dem 27. November im Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans und die völlige Entrechtung in den Haftanstalten. Der Hungerstreik ist unbefristet, wird jedoch in wechselnden Gruppen durchgeführt. Weltweit findet der Widerstand der Gefangenen sowohl innerhalb der kurdischen Gesellschaft als auch bei solidarischen Gruppen Unterstützung.
Die seit knapp 22 Jahren andauernde Isolation des kurdischen Vordenkers Öcalans konnte in der Vergangenheit mehrfach durch Hungerstreiks durchbrochen werden.
2012: 68 Tage
Der erste Massenhungerstreik in türkischen Haftanstalten begann 2012 zum Jahrestag des Militärputsches vom 12 September 1980 und dauerte 68 Tage an. Beendet wurde er durch einen Aufruf von Abdullah Öcalan. Als Ergebnis konnten Ahmet Türk und Ayla Akat Ata, die damals Abgeordnete der Friedens- und Demokratiepartei (BDP) waren, Öcalan am 3. Januar 2013 auf der Gefängnisinsel Imrali besuchen. Nach diesem ersten Besuch fanden im Rahmen des sogenannten „Lösungsprozesses“ bis zum 5. April 2015 Gespräche von Delegationen der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und des Staates mit Öcalan auf Imrali statt.
2016: Acht Tage
Nach der vom türkischen Staat erfolgten Beendigung dieser Dialogphase im April 2015 wurde die Isolation Öcalans verschärft. Am 15. Juli 2016 kam es zu einem Putschversuch in der Türkei, der Ausnahmezustand wurde ausgerufen. Aufgrund der öffentlichen Besorgnis traten fünfzig kurdische Politikerinnen und Politiker am 5. September 2016 in einen Hungerstreik in der Zentrale der Partei der demokratischen Regionen (DBP) in Amed (tr. Diyarbakir). Als Ergebnis des Hungerstreiks konnte Mehmet Öcalan seinen Bruder am 11. September 2016 auf Imrali besuchen. Damit wurde der Hungerstreik beendet.
2018: 200 Tage
Am 8. November 2018 trat die kurdische Politikerin Leyla Güven im Gefängnis in Amed in einen Hungerstreik. Politische Gefangene in der Türkei und Aktivistinnen und Aktivisten in Kurdistan und im Ausland schlossen sich dem Hungerstreik an. Damit wurde durchgesetzt, dass das Anwaltsteam Öcalan erstmalig nach acht Jahren wieder besuchen konnten. Zwischen dem 2. Mai und dem 7. August 2019 fanden fünf Anwaltsbesuche auf Imrali statt. Der Hungerstreik wurde auf Aufruf Öcalans am 26. Mai beendet.