Eine neue Qualität rechter Hetze im Internet hat vor allem die türkische Rechte erreicht. Angriffskriege der Türkei gegen Kurd:innen werden lautstark bejubelt, Kriegstote verhöhnt, Mordfantasien frei geäußert, die kurdische Identität wird geleugnet, Kurd:innen werden jegliche Rechte abgesprochen, es werden Leichen kurdischer Kriegsopfer zur Schau gestellt und wirre Verschwörungsmythen gesponnen. Besonders schwer wiegt, dass die Täter:innen, obwohl sie oftmals mit Klarnamen handeln, straffrei bleiben.
Die kurdische Identität wird seit der Staatsgründung der Türkei gewaltsam unterdrückt, gilt bis heute als Angriffsfläche und wird in der Türkei gerne mit Terrorismus gleichgesetzt. Dieser Zustand ist staatlich bedingt und bis heute tief in der türkischen Politik verankert.
Auch im Internet wird der antikurdische Rassismus immer radikaler. Türkische Politiker:innen, Sicherheitskräfte, Medienschaffende und Lehrbeauftragte, die mit ihrer rassistischen Hetze eine Bevölkerungsgruppe anvisieren und bedrohen, Hetzkampagnen gegen Kurd:innen initiieren und antikurdischen Rassismus reproduzieren, finden sich wie Sand am Meer. Ihre Taten bleiben jedoch auf fragwürdige Weise unsichtbar.
Was ist antikurdischer Rassismus?
Als antikurdischer Rassismus wird explizit die Diskriminierung von Kurd:innen aufgrund ihrer ethnischen und kulturellen Identität bezeichnet. Er verfolgt klare politische Ziele und tritt auf vielfältige Weise in Erscheinung.
Die Geschichte des antikurdischen Rassismus in der Türkei ist so alt wie das Land selbst. Sie reicht bis in die Gründungszeit der Republik Türkei zurück, als unter Mustafa Kemal Pascha die Doktrin „Eine Nation, eine Flagge, eine Sprache, ein Staat“ eingeführt wurde. Die Idee eines homogenen türkischen Nationalstaates und die Unterdrückung kurdischer Friedens- und Freiheitsbestrebungen sollten vor allem durch Gewalt und Vernichtung durchgesetzt werden. Diese Gewalt hält weiter an und hat heute einen Massencharakter angenommen.
Dass der Weg zu rechter Gewalt mit Hetze im Alltag beginnt, ist keine neue Erkenntnis. Seit Jahrzehnten ist antikurdischer Rassismus insbesondere in der türkischen Presse und in den digitalen Medien ein gefährlicher Wegbereiter für Übergriffe, kollektiven Hass, Lynchjustiz und Verfolgung. Doch die Täter:innen agieren weiterhin ungehindert, bedrohen kurdisches Leben und betreiben aggressive Propaganda in der Mitte der Gesellschaft, um ihre Angriffe zu legitimieren.
Der türkische Präsident Erdogan macht es vor: Der Frontalangriff auf das Individuum, auf die universellen Menschenrechte, auf Freiheit und Menschenwürde ist legitim, wenn es um vermeintliche Feinde geht.
Heute zeigt sich, dass die jahrzehntelange deformierende Politik in der Türkei eine erschreckend kriegslüsterne Gefolgschaft hervorgebracht hat. Treibende Kraft ist vor allem eine kollektive Kurdenfeindlichkeit im nationalistischen Gewand, die mit dem „Kampf gegen den Terrorismus" begründet wird. Blickt man ganz aktuell auf die Rhetorik der türkischen Rechten, zeigt sich, dass die legitimen Freiheitsbestrebungen der Kurd:innen mit dem Totschlagargument des Terrorismus und Separatismus untergraben werden sollen.
Antikurdischer Rassismus in Deutschland
Auch in Deutschland lebende Personen, die der türkisch-rechten Szene zuzuordnen sind, zeigen sehr deutlich, wie der Konsum regierungstreuer türkischer Medien und die starke Orientierung und Identifikation mit dem türkischen Nationalismus jene demokratische Werte untergraben und die gesellschaftliche Teilhabe behindern, was wiederum den Boden für sozialen Unfrieden mit anderen gesellschaftlichen Gruppen bereitet. Gerade vor diesem Hintergrund sollte kritisch hinterfragt werden, ob der leichtfertige Umgang der Behörden und der Gesellschaft mit rassistischen Anfeindungen im Internet nicht auch als Beihilfe zum Erstarken rechter Gesinnungen bezeichnet werden kann.
Wir rufen alle Betroffenen von antikurdischem Rassismus im Netz und im Alltag auf, sich bei uns unter [email protected] zu melden. Wir werden diese Fälle dokumentieren und den Betroffenen helfen, sich an Unterstützungsstrukturen zu wenden.
Der Artikel ist dem aktuellen Newsletter von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V. entnommen.