Die Demokratische Partei der Völker (HDP) tritt unter dem Dach der Partei der Grünen Linken (Yeşil Sol Parti, YSP) zu den Parlamentswahlen in der Türkei am 14. Mai an. Das teilte der HDP-Vorsitzende Mithat Sancar am Donnerstag auf einer Sitzung des Beratungsausschusses seiner Partei in Istanbul mit.
Gegen die HDP läuft seit zwei Jahren vor dem türkischen Verfassungsgericht ein Verbotsverfahren. Der Antrag der Partei auf Aussetzung des Verfahrens bis nach den Wahlen ist abgelehnt worden. Die 2010 gegründete YSP hat in den letzten Monaten im gesamten Land Parteistrukturen aufgebaut, um zu den Wahlen zugelassen zu werden. Das Bündnis für Arbeit und Freiheit, dem neben der HDP die Partei für Soziale Freiheit (TÖP), Partei der Arbeiterbewegung (EHP), Föderation der Sozialistischen Räte (SMF), Arbeiterpartei der Türkei (TİP) und Partei der Arbeit (EMEP) angehören, hatte am Mittwoch erklärt, keine eigene Kandidatin oder einen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen aufzustellen.
Gegen die Korruption und Grausamkeit der bestehenden Ordnung
Wie Mithat Sancar erläuterte, hat das Bündnis die zuvor getroffene Entscheidung einer eigenen Präsidentschaftskandidatur aufgrund der Erdbebenkatastrophe vom 6. Februar revidiert: „Wir hatten angekündigt, dass wir unsere Politik der Nominierung von Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen überdenken würden. Zuvor waren unsere Bemühungen, Kandidaten aufzustellen, in die Endphase eingetreten, aber das Erdbeben hat nicht nur den Boden gespalten, sondern auch die darüber liegende Ordnung ist mit ihrem ganzen Gewicht auf die Menschen niedergestürzt. Die ganze Fäulnis, Korruption und Grausamkeit dieser Ordnung hat dem Volk schwere Verluste zugefügt. Unsere Verluste sind so groß, dass wir nicht einmal ihre Zahl kennen. Nach offiziellen Angaben sollen es etwa 50.000 Tote sein, aber alle, die die Zerstörung gesehen haben, wissen, dass es viel mehr sind. Unser Schmerz ist groß, unsere Trauer ist tief. Die Zerstörung durch das Erdbeben hat uns auch gezeigt, wie schwer und ernst die Verantwortung für die Änderung dieser Ordnung ist. Als Ergebnis der Diskussionen, die wir geführt haben, der Sitzungen in unseren Gremien und der Beratungen mit verschiedenen Kreisen haben wir beschlossen, bei den Präsidentschaftswahlen gemeinsam mit unseren Bündniskräften keinen Kandidaten aufzustellen.“
Wahlantritt als HDP birgt ernsthafte Risiken
Jetzt gelte es, den Fahrplan für die Parlamentswahlen weiter auszuarbeiten und zu stärken, erklärte der Ko-Vorsitzende der HDP und führte weiter aus: „Das Verfassungsgericht hat unseren Antrag auf Verschiebung des Termins für die mündliche Verteidigung abgelehnt. In diesem seit 24 Monaten anhängigen Verfahren hat das Verfassungsgericht entschieden, dass es keinen weiteren Monat warten kann. Wir wissen sehr wohl, was diese Entscheidung bedeutet. Wir betrachten sie als eine Fortsetzung der Entscheidung, das Damoklesschwert während der Wahlen über unseren Köpfen zu schwingen. Jetzt liegt der Ball beim Gericht, genauer gesagt bei der Regierung. Mit anderen Worten, von nun an ist das Schicksal des Falles der Regierung überlassen. Wir sind uns bewusst, dass wir nicht das Recht haben, die Zukunft dieses Landes und die Hoffnung auf einen demokratischen Wandel der Regierung zu überlassen. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass wir das nicht tun sollten. Aus diesem Grund sind wir zu dem Schluss gekommen, dass ein Wahlantritt als HDP ernsthafte Risiken birgt, und haben beschlossen, unter dem Dach der Partei der Grünen Linken zu den Wahlen anzutreten.“
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