HDP-Abordnung im deutschen Bundestag

Heute besucht eine Abordnung der HDP anlässlich der türkischen Militärintervention im nordsyrischen Efrîn zu Gesprächen den Bundestag.

Heute wird eine Delegation der Demokratischen Partei der Völker (HDP) aufgrund der gegenwärtigen militärischen Intervention im nordsyrischen Efrîn den deutschen Bundestag besuchen. Die türkeistämmige Delegation besteht aus Politikern der HDP, Journalisten und Akademikern und wird Hintergrundgespräche mit verschiedenen politischen Organisationen und Mandatsträgern führen.

Anlass ist der Besatzungsversuch der Türkei, welcher dem Völkerrecht und den rechtlichen Konventionen widerspricht. In Efrîn lebt fast eine Million Menschen. Die Hälfte besteht aus Binnenflüchtlingen, die vor dem Islamischen Staat (IS) in Efrîn nach Sicherheit und Schutz gesucht haben. Es ist der relativ sicherste und demokratischste Kanton.

Da die türkische Regierung unter einem „kurdischen Syndrom“ leidet, führt sie mit fortschrittlichster Waffentechnologie einen menschenrechtswidrigen und illegalen Angriffskrieg. Bisherigen Meldungen zufolge sind Dutzende Zivilisten getötet worden.

„Es droht ein Genozid“

Sinan Önal, der die Arbeit der HDP in Deutschland koordiniert, erklärt: „Wir sind sehr über diese Situation beunruhigt. Die ganze Welt, auch die europäische Öffentlichkeit, weiß zu gut, wozu eine unkontrollierte türkische Regierung fähig ist. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass den Menschen in Efrîn ein Völkermord droht. In der Türkei wird man für einen Friedensaufruf ins Gefängnis gesteckt. Die HDP sieht sich mit einer unfassbaren Repression konfrontiert. Gegen die gesamte Opposition, die für Frieden einsteht, wird brutal verfolgt. Die internationale Gemeinschaft muss sich gegen den türkischen Kriegskurs stellen.“

Önal fordert insbesondere den Bundestag dazu auf, eine klare Position gegen den türkischen Angriffskrieg zu beziehen: „Die bisherige Erklärung des Außenministeriums ist unzureichend. Die Türkei muss von dieser Besatzung abrücken. Alle inhaftierten Politiker, Akademiker, Journalisten und politischen Aktivisten müssen sofort freigelassen werden. Auch von dem Präsidialsystem, das den Entscheidungen der Venedig-Kommission entgegensteht, muss sofort abgerückt werden. Es müssen wieder Friedensverhandlungen für die Lösung der kurdischen Frage und die Demokratisierung der Türkei begonnen werden. Diese Forderungen sind eine Voraussetzung für eine Demokratisierung der Türkei. Waffenexporte an die Türkei müssen sofort eingestellt werden. Solange keine Schritte zur Demokratisierung unternommen werden, müssen die Beziehungen auf ein Minimum reduziert werden.“

Zu der HDP-Abordnung gehören folgende Persönlichkeiten:

Hatip Dicle (langjähriger Abgeordneter im türkischen Parlament, der insgesamt 15 Jahre im Gefängnis inhaftiert war. Zuletzt war er Ko-Vorsitzender des Demokratischen Gesellschaftskongresses DTK und Mitglied der Gruppe, die im Friedensdialog zwischen der türkischen Regierung und der PKK vermittelte. Er musste aufgrund politischer Verfolgung aus der Türkei nach Deutschland fliehen)

Leyla İmret (war als Ko-Bürgermeisterin von Cîzre Zeugin des Massakers in den Kellern von Cîzre und der Zerstörung ihrer Stadt. Sie musste ebenfalls nach Deutschland fliehen)

Faysal Sarıyıldız (musste nach Deutschland fliehen, da er als Abgeordneter aus Şirnex (Şırnak) der Öffentlichkeit das Massaker in Cîzre erklärte. Sein Abgeordnetenstatus wurde aufgehoben.)

Tuğba Hezer (musste wegen einer politischen Diffamierungskampagne als jüngste Abgeordnete der türkischen Nationalversammlung aus Wan nach Deutschland fliehen)

Nursel Aydoğan (ist Abgeordnete aus Diyarbakır, die mit ihrer türkischen Herkunft und ihrem Einsatz für Demokratie innerhalb der HDP zur Zielscheibe der türkischen Regierung wurde. Ihr Abgeordnetenstatus wurde aufgehoben, sie kam ins Gefängnis und konnte nach Deutschland fliehen)

Filiz Koçali (ist Mitglied der HDP und hat als Journalistin lange Zeit am Kampf um Demokratisierung in der Türkei teilgenommen. Sie hat zurzeit einen politischen Flüchtlingsstatus in Deutschland)

Nazan Üstündağ (ist Mitglied der HDP, Akademikerin und ehemalige Lehrbeauftrage der Boğaziçi-Universität. Sie ist Mitgründerin des Friedensrates in der Türkei, der Frauen für den Frieden und der Akademiker für Frieden sowie Mitglied der HDP. Gegenwärtig ist sie mit dem Institut für Forschung gegen Antisemitismus an der TU Berlin assoziiert)

Muzaffer Kaya (ist Akademiker, Friedensaktivist und war HDP-Kandidat in der Türkei)

İsmail Eskin (war Journalist der Nachrichtenagentur DİHA und der Tageszeitung Özgür Gündem. Berichtete vom Widerstand in Kobanê und ist nun politischer Flüchtling in Deutschland)

Hayko Bağdat (ist Schriftsteller und Journalist, der mit seinen Beiträgen die Auseinandersetzung mit dem armenischen Genozid anregte)

Elif Yalaz (ist Journalistin und Schriftstellerin, die zusammen mit Can Dündar bei der Nachrichtenseite Özgürüz arbeitet)