Hannover: Polizei hebelt Demonstrationsrecht aus

Anlässlich des 19. Jahrestages der Verschleppung Abdullah Öcalans in die Türkei fand gestern eine Demonstration in Hannover statt. Die Polizei verbot das Skandieren einer Parole, sowie Transparente und Fahnen.

Anlässlich des 19. Jahrestages der illegalen Verschleppung Abdullah Öcalans auf die türkische Insel Imralı fand gestern Abend um 18.00 Uhr eine Demonstration und Kundgebung in Hannover statt. Der 15. Februar ist unter Kurd*innen bekannt als roja reş (der schwarzer Tag) und als Tag des internationalen Komplotts, der nicht nur gegen Öcalan, sondern auch gegen seine Ideen und Visionen und darüber hinaus gegen die kurdische Gesellschaft und ihre Errungenschaften richtet. „Mit dem Komplott gegen Öcalan sollte auch die Freiheitsbewegung Kurdistan vernichtet werden. Dieses Vorhaben scheint derzeit durch die Instrumentalisierung der Türkei Erdoğans in Efrîn, in allen Teilen Kurdistans und überall auf der Welt, dort wo Kurd*innen leben, fortgesetzt zu werden, um den Genozid an Kurd*innen abzuschließen", so eine Teilnehmerin der Demonstration zu ANF. „Deshalb werden wir auch hier massiv in unserem Versammlungs- und Demonstrationsrecht eingeschränkt und daran gehindert, die Freilassung des Repräsentanten zu fordern", so eine weitere Person. „Öcalan ist seit mehreren Jahren anhaltender Isolationshaft ausgesetzt. Niemand weiß, wie sein Gesundheitszustand ist, ob er noch am Leben ist oder ob er physisch gefoltert wird", so ein Sprecher von NAV-DEM Hannover, dem Demokratischen Gesellschaftszentrum der Kurd*innen.

Als ab 18.00 Uhr immer mehr Menschen zusammenkamen, setzte sich die Demonstration gegen 18.30 Uhr in Bewegung. Die ca. 300 Demonstranten gingen laut und friedlich in Richtung Steintor und riefen Parolen wie „Freiheit für Öcalan – Frieden in Kurdistan", „Es lebe Abdullah Öcalan" und „Deutsche Panzer raus aus Kurdistan".

Die Polizei stoppte mehrmals den Demonstrationszug, weil das Skandieren einer Parole, in der die Freiheit eines politischen Gefangenen [Abdullah Öcalan] gefordert wird, verboten sei. Dies sei ein „Straftatbestand" und deshalb haben sich die Demonstrierenden daran zu halten. Andernfalls löse man die Demonstration auf, rief die Polizei über ihre Lautsprecher in die Menge hinein. Der Versammlungsleitung wurde ständig mit Bußgeld gedroht, wenn weiterhin „verbotene" Parolen skandiert würden. Zuvor sind für die Demonstration „Freiheit für Öcalan – Frieden in Kurdistan" alle Fahnen und Symbole der Freiheitsbewegung Kurdistans verboten worden. Selbst Fahnen und Transparente, auf denen die Aufschrift „Freiheit für Öcalan" zu lesen waren, wurden verboten. Währen der Demonstration griff die Polizei zudem die Menschenmasse an und nahm zeitweilig zwei Personen fest. Nachdem ihre Personalien festgestellt wurden, ließ man sie wieder gehen.

In einer noch am selben Abend veröffentlichten Pressemitteilung der Ortsgruppe des Verbandes der Studierenden aus Kurdistan – YXK-Hannover wird zum Verhalten der Polizei auf der Demonstration folgende Aussage getroffen: „Die Polizei verschärft willkürlich Demonstrationsrecht und unterbindet Meinungsfreiheit".

„Seit einigen Monaten wird das Zeigen der Fahnen mit dem Konterfei von Abdullah Öcalan mal verboten, mal erlaubt. Dies zeigt die unklare Rechtslage womit Menschen willkürlich kriminalisiert werden. Heute wurde deutlich, dass die Kriminalisierung einen weiteren Höhepunkt erreicht hat. So wurde heute, durch die Polizei Hannover, das Skandieren einer Parole, in der die Freiheit eines politischen Gefangenen gefordert wird, verboten. Der Demonstrationszug wurde mehrfach gestoppt, weil angeblich verbotene Parolen skandiert wurden. Dabei wurden mehrere TeilnehmerInnen der Demonstration festgenommen. Zudem ist auf den Demonstrationen eine zunehmende Polizeipräsenz zu beobachten. Ziel ist es, die TeilnehmerInnen der Demonstration einzuschüchtern, um weitere Demonstrationen zu unterbinden", heißt es weiter in der Erklärung.

Für die Protestdemonstration am Samstag in Straßburg rufen ebenfalls der Frauenrat Ronahî, NAV-DEM und weitere kurdische Organisationen auf. Die Abfahrtzeit der Busse aus Hannover: Freitag, 16. Februar um 23.00 Uhr am HBF ZOB.