Hanau: Tausende Menschen demonstrieren gegen Rassismus
Nach dem rassistischen Anschlag mit zehn Todesopfern haben in Hanau tausende Menschen gegen Hetze und Rechtsterror protestiert.
Nach dem rassistischen Anschlag mit zehn Todesopfern haben in Hanau tausende Menschen gegen Hetze und Rechtsterror protestiert.
Nach dem rechtsextremistischen Anschlag von Hanau mit zehn Todesopfern haben am Samstag bundesweit Tausende Menschen gegen Rassismus und Rechtsterror protetiert. Allein in Hanau kamen nach Angaben der Organisatoren mehr als 6.000 Menschen zusammen.
Die Demonstration, zu der das Bündnis „Solidarität statt Spaltung“ aufgerufen hatte, startete mit einer Kundgebung auf dem Freiheitsplatz in der Innenstadt. Zahlreiche Redner*innen und Angehörige der Opfer äußerten sich bestürzt und wütend über die menschenverachtenden Morde vom Mittwoch. Viele bezeichneten den Anschlag als als einen „barbarischen Akt”, der sich gegen die gesamte Gesellschaft richtete. Patrucija Kowalska von der Kampagne „Kein Schlussstrich“ aus München sagte: „Wir dürfen den Täter nicht pathologisieren.” Die Planung und die Tat des Mörders seien einer perfiden Logik rechter Terroranschläge an anderen Orten gefolgt. Ursachen dieser Gewalt seien Rassismus und Antisemitismus, so die Aktivistin.
Während der Kundgebung wurden immer wieder die Namen der Opfer verlesen, die Menschen lauschten still und andächtig. Auf der Bühne wurden die Bilder der Ermordeten gezeigt.
Im Anschluss setzte sich ein Demonstrationszug, der von Angehörigen der Opfer angeführt wurde, durch die Stadt in Bewegung. Teilnehmende trugen Plakate mit Aufschriften wie „Muss erst getötet werden, damit Ihr empört seid?” oder „Menschenrechte statt rechte Menschen”. Den ganzen Tag über legten zudem Hanauer Bürgerinnen und Bürger am Brüder-Grimm-Denkmal auf dem Marktplatz Blumen nieder, entzündeten Kerzen oder gedachten den Toten. Auch an den beiden Tatorten waren Blumen, Kerzen und Kränze niedergelegt.
Newroz Duman: Der NSU war nicht zu dritt
Auf der Abschlusskundgebung hielt die Bündnis-Sprecherin Newroz Duman eine Rede. Die Hanauer Aktivistin forderte: „Handeln, statt folgenloser Betroffenheit“, und die Aufklärung aller rassistisch motivierten Verbrechen in Deutschland. „Auch bei Polizeibehörden. Dafür braucht es unabhängige Untersuchungsausschüsse. Wir fordern, statt von verwirrten Einzeltätern zu sprechen, endlich bewaffnete Neonazi-Netzwerke zu benennen, keine Pathologisierung der Täter, keine Waffenscheine für Rassisten! Wir fordern die sofortige und vollständige Entwaffnung aller Neonazis sowie die Vollstreckung aller Haftbefehle gegen untergetauchte rechte Straftäter. Der NSU war nicht zu dritt.“
Ferat Kocak: Unsere Alternative heißt Solidarität
Nach Duman sprach Ferat Kocak, selbst Überlebender eines Neonazi-Anschlags in Berlin-Neukölln. Kocak wies auf das Rassismus-Problem in Deutschland hin und forderte die vollständige Aufklärung der NSU-Morde. Der Bundesregierung warf er eine antirassistische Migrationspolitik vor, die unter anderem für das Sterben im Mittelmeer verantwortlich sei. „Denn diese Politik nährt auch die Hass- und Hetzpolitik der AfD, die dann mit Gewalt und Terror durch Rechtsterroristen auf den Straßen umgesetzt wird. Weder auf unseren Straßen, noch im Parlament und in Behörden ist kein Platz für Nazis. Nationalismus und Rassismus sind keine Alternativen. Unsere Alternative heißt Solidarität“, sagte Kocak.
Stadt plant zentrale Trauerfeier
Ein Mann hatte am Mittwochabend in Hanau aus rassistischen Motiven zehn Menschen und sich selbst erschossen. Sechs weitere Personen wurden verletzt, eine davon schwer. Die Getöteten sind zwischen 21 und 44 Jahre alt. Viele sind in Hanau geboren.
Für die Opfer des Anschlags plant die Stadt Hanau eine zentrale Trauerfeier. Diese werde in Abstimmung mit den Angehörigen sowie den Bundes- und Landesbehörden vorbereitet, teilte die Kommune mit. Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) berief für Montag eine Sondersitzung des Runden Tischs der Religionen ein. Dem Gremium gehören laut Stadt 36 Hanauer Kirchen- und Religionsgemeinschaften an. Kaminsky betonte, in diesem Rahmen werde man klären, wie den verschiedenen Bedürfnissen rund um die Trauer Sorge getragen werden könne.