Der Haftbefehl gegen den HDK-Sprecher Sedat Şenoğlu ist am ersten Verhandlungstag im Prozess vor der 36. Strafkammer Istanbul aufgehoben worden. Der Ko-Sprecher des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses „Demokratischer Kongress der Völker“ (HDK) war im September 2020 zusammen mit 16 weiteren Personen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen die sozialistische Partei ESP verhaftet worden.

Der Prozess wurde von der HDK-Sprecherin İdil Uğurlu und den HDP-Abgeordneten Züleyha Gülüm und Gülistan Kılıç Koçyiğit beobachtet. Vor dem Gerichtsgebäude in Çağlayan wurde im Vorfeld Gerechtigkeit eingefordert. Şenoğlu und seinen Mitstreiter*innen wird Mitgliedschaft und Werbung für eine Terrororganisation vorgeworfen.

Der Angeklagte bezeichnete die Vorwürfe gegen ihn vor Gericht als absurd. Die Anklage basiert wie in allen politisch motivierten Prozessen in der Türkei auf den Aussagen eines Kronzeugen. Şenoğlu wird unter anderem beschuldigt, an Beerdigungen teilgenommen zu haben. „Es handelte sich um Menschen, die ich gekannt habe, und somit um eine menschliche Pflicht. Darin einen Beweis zu sehen, ist einfach nur absurd. Ich bin Ko-Sprecher der HDK und ein Mensch, der sich demokratisch und legal politisch betätigt. Ich weise die Anschuldigungen zurück und beantrage meine Freilassung“, erklärte Şenoğlu zu seiner Verteidigung.

Seine Verteidigerin Gülizar Tuncer wies darauf hin, dass es sich bei dem Kronzeugen um eine Person handelt, die bewaffnet gekämpft hat: „Diese Person kann zwischen einer lebenslangen Freiheitsstrafe und einer Aussage gegen alle möglichen Menschen – Bekannte und Unbekannte – wählen. Sie hat die zweite Alternative vorgezogen und macht immer noch weitere Aussagen.“

Nach der Anordnung der Freilassung des Angeklagten wurde der Prozess vertagt.