Günay: Die Bündnispolitik der HDP ist eindeutig
Die HDP-Sprecherin Ebru Günay hat in Ankara erneut klargestellt, dass ihre Partei bei den kommenden Wahlen in der Türkei keinen Kandidaten unterstützen wird, den sie nicht gutheißen kann.
Die HDP-Sprecherin Ebru Günay hat in Ankara erneut klargestellt, dass ihre Partei bei den kommenden Wahlen in der Türkei keinen Kandidaten unterstützen wird, den sie nicht gutheißen kann.
Die Sprecherin der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Ebru Günay, hat auf der wöchentlichen Pressekonferenz in der Parteizentrale in Ankara Einschätzungen zu aktuellen Themen abgegeben. Die Abgeordnete forderte unter anderem die Freilassung ihrer verhafteten Fraktionskollegin Semra Güzel, die nach wie vor Mitglied des türkischen Parlaments ist. Schwerpunktthema der Pressekonferenz waren die bevorstehenden Wahlen in der Türkei.
Günay wies darauf hin, dass das Land in eine Wahlkampfatmosphäre eingetreten ist, und sagte: „Wir haben es mit einem Land zu tun, das sich inmitten einer wirtschaftlichen, politischen und sozialen Krise befindet. Die amtierende Regierung ist nicht in der Lage, das Land zu regieren, und kann die Krise der Regierungsführung nicht bewältigen. Die bevorstehenden Wahlen werden entweder die Krise verschärfen und das Tor zu einer dunklen Zukunft öffnen, zu einem schweren Faschismus, der nur sehr schwer zu überwinden ist, oder, wenn die Opposition verantwortungsvoll handelt, wird sich das Tor zu einer demokratischen Türkei öffnen, in der ein wirklicher Wandel beginnt.“
In dieser Hinsicht seien die für 2023 angekündigten Wahlen zu einem Überlebenskampf für alle politischen Bündnisse geworden, fuhr Günay fort: „Diese Wahlen werden unbestreitbar ein Test für die Demokratie in der Türkei sein. Während die Menschen diesen Test bestehen und in einer neuen Türkei aufwachen wollen, scheint es, dass einige Politikerinnen und Politiker versuchen, diesen Albtraum mit ihren unverantwortlichen und anmaßenden Äußerungen fortzusetzen.“
Die Sorge der Menschen ist kein Wahlkalkül
Günay erklärte, die sogenannte „Volksallianz“ (Cumhur İttifakı) aus AKP und MHP habe das Land mit ihrer abenteuerlichen Innen- und Außenpolitik im Bündnis mit der Mafia und dunklen Kräften an den Rand des Abgrunds gebracht: „Sie wollen den Faschismus und das Ein-Mann-Regime, das sie Schritt für Schritt aufbauen, dauerhaft etablieren. Sie halten alle Arten von schmutziger Politik für angemessen, um einen demokratischen Wandel zu verhindern, und sie zögern nicht, den gesamten Gewaltapparat des Staates außerhalb des Gesetzes einzusetzen, um die Macht der Oppositionsgruppen zu brechen."
Es geht nicht nur um Erdoğan
Dem „Bündnis der Nation“ (Millet İttifakı), das unter anderem aus CHP und IYI-Partei besteht, gehe es ausschließlich um Wahlkalkulationen: „Sie stecken in Nominierungsdebatten fest und entwickeln keine Pläne und Projekte für die Zeit nach der Wahl. Als ob nur der Wahltag wichtig wäre, diskutieren sie darüber, wer welches Ministerium bekommt. Wir sind und können nicht in einer politischen Linie und in einem Bündnis sein, das bösartige Diskussionen fortsetzt und nichts über die Zeit nach den Wahlen sagt. Wir haben es immer gesagt, sagen wir es noch einmal: Die Frage ist nicht nur, ob Erdoğan geht oder bleibt. Die Frage ist, ob sein Nachfolger die Türkei nach demokratischen Grundsätzen regieren wird oder nicht. Deshalb haben wir von Anfang an gesagt, dass wir über Prinzipien und nicht über Persönlichkeiten sprechen sollten.
Was für ein Land wollen wir?
Was für ein Land, was für eine Republik wollen wir im zweiten Jahrhundert der Republik? Während die Armut auf einem Elendsniveau ist und die Möglichkeit besteht, die kurdische Frage demokratisch mit allen Gesprächspartnern im Parlament zu lösen, wird in diesem Land auf Gewalt bestanden, Werktätige werden ausgebeutet, Frauen werden ermordet, es herrscht offene Korruption. Sind angesichts dieser Situation Wahlkalkulationen das grundlegende Problem der Bevölkerung? Wie sollen die Probleme gelöst werden? Wie soll eine demokratische Verfassung geschrieben werden? Wie wird die Wirtschaft wieder in Gang kommen? Was sind die Vorschläge für eine dauerhafte Lösung? Was ist das Programm der Opposition? Wie wird sie das Problem lösen? Diese Fragen müssen zunächst beantwortet werden.
„Wir verhandeln nicht über Ministerposten“
Während wir über diese Fragen nachdenken sollten, möchte ich einige der in den letzten Tagen diskutierten Punkte klarstellen: Wir haben nie mit irgendeiner Partei über ein Ministerium verhandelt und werden dies auch nie tun. Mit den Stimmen, die wir bei den Wahlen erhalten werden, wird unser Volk uns dort sehen, wo es uns sehen will. Es sind die Menschen, die uns die Lizenz zur Verwaltung erteilen, nicht irgendjemand anders. Das Volk wird uns zum Regieren bringen, und wir werden entsprechend den Forderungen unseres Volkes regieren; und wir werden sehr gut regieren.“
Keine Unterstützung für andere Kandidaten
Die HDP sei in keinem der beiden Wahlbündnisse vertreten und unterstütze diese auch nicht, so die HDP-Sprecherin: „Wir werden mit einem breiten Demokratiebündnis, einschließlich der Allianz für Arbeit und Freiheit, in die Wahlen gehen. Keine Sorge, wir haben weder ein Kandidaten- noch ein Präferenzproblem. Wir haben bereits mit der Diskussion über Namen begonnen, die die breitesten Schichten der Türkei ansprechen werden. Wir sprechen offen und möchten noch einmal betonen, dass wir niemals einen Kandidaten unterstützen werden, den wir nicht gutheißen. Dies muss allgemein bekannt sein.
Wenn es um die Zukunft eines Landes geht, sollten alle ihre Worte abwägen, wenn sie etwas gegen die drittgrößte Partei der Türkei sagen, eine Partei mit einem Stimmenanteil von fast 20 Prozent. Wir befinden uns in einem kritischen Prozess, der nicht der Gnade derjenigen überlassen werden darf, die im Palast um ihre politische Zukunft ringen. Alle sollten in der Politik verantwortungsbewusst handeln und ihre Grenzen kennen. Sie werden es sein, die sich vor der Geschichte verantworten müssen, und der Preis dafür wird hoch sein.
Bündnis des dritten Weges
Unabhängig davon, wann die Wahlen stattfinden, bereiten wir uns so vor, als ob sie morgen stattfinden würden. Deshalb wächst unser Kampfbündnis von Tag zu Tag. Im zweiten Jahrhundert der Republik werden wir ein Land aufbauen, in dem Kurdinnen und Kurden und alle unterdrückten Identitäten und Glaubensrichtungen frei leben können. Wir werden dies erreichen. Wir haben dauerhafte Lösungen für die alten Probleme der Türkei. Wir sagen Nein zu Arbeitsausbeutung, Naturzerstörung und Feminizid. Wir sind das Bündnis des Dritten Weges. Wir sind das Bündnis all derer, die nicht in beiden Bündnissen feststecken wollen, die wirklich Veränderung wollen, und unsere Tür steht allen offen. Wir kommen für Arbeit und Freiheit, und wir werden etwas verändern."