Gezi-Gedenken im Angesicht der Repression
Aufgrund des Demonstrationsverbots in Istanbul veranstaltete die „Taksim-Solidaritätsplattform“ eine Kundgebung zum achten Jahrestag des Gezi-Widerstands. Es kam zu Polizeiübergriffen und 13 Festnahmen.
Aufgrund des Demonstrationsverbots in Istanbul veranstaltete die „Taksim-Solidaritätsplattform“ eine Kundgebung zum achten Jahrestag des Gezi-Widerstands. Es kam zu Polizeiübergriffen und 13 Festnahmen.
Am Montag war der achte Jahrestag des Beginns des Gezi-Aufstands. 2013 erschütterte der Widerstand gegen die Überbauung des Parks im Istanbuler Stadtzentrum für ein Einkaufszentrum mit der Fassade einer Osmanischen Kaserne das AKP-Regime.
Bereits im Vorfeld des achten Jahrestags des Gezi-Widerstands hatte der Gouverneur von Istanbul ein Demonstrationverbot verhängt. Nur eine Kundgebung im Polizeikessel wurde genehmigt.
Das gesamte Gebiet um die von der Architekten- und Ingenieurskammer TMMOB organisierten Kundgebung war massiv abgesperrt. Die Teilnehmer:innen wurden gehindert, zum Kundgebungsort zu gelangen.
Die Dunkelheit vergeht, Gezi bleibt
Die Polizei erlaubte den Teilnehmer:innen nicht, sich vor der Istanbuler Vertretung des Menschenrechtsvereins (IHD) oder der TMMOB-Zentrale zu versammeln. Daher organisierten sie zwei getrennte Kundgebungen. Die Taksim-Solidarität entrollte ein Banner mit der Aufschrift: „Die Dunkelheit vergeht, Gezi bleibt“. In Anlehnung an den Mafia-Skandal, der gerade das Regime in der Türkei erschüttert, skandierten sie: „Barrikaden gegen Verbrecher, nicht gegen das Volk.“
„Sie können nur durch Angst an der Macht bleiben“
In einem Redebeitrag der Solidaritätsplattform hieß es: „Heute vor acht Jahren trafen wir uns in Gezi und erlebten, wie die Begeisterung des Zusammenseins, den Stolz, die Wahrheit herauszuschreien, und die Ehre, Widerstand zu leisten, weil diese Regierung unsere Menschenwürde verletzte, unsere Rechte usurpierte, unser städtisches Gedächtnis zerstörte, die Natur dem unverdienten Profit opferte und uns keinen Lebensraum ließ.
Wie die Pandemiezeit wieder einmal gezeigt hat, ist diese Regierung dem Volk fremd. Die Verbote und Bußgelder werden dem Volk erteilt, während alle Privilegien auf der Seite einer Handvoll von Machthabern liegen. Sie kümmern sich weder um die Gesundheit der Bevölkerung noch um die Armut, den Hunger, die Arbeitslosigkeit oder die Verzweiflung der Jugend. All die hetzerischen Äußerungen, die Drohungen, unfairen Prozesse und politischen Verhaftungen zielen darauf ab, Angst zu verbreiten, denn nur so können sie an der Macht bleiben.
Sie haben versucht, den Gezi-Widerstand vor Gericht zu stellen. Ein oder zwei Prozesse waren nicht genug, jetzt versuchen sie, ihn mit einem Sammelprozess zu kriminalisieren. Egal wie oft sie die Gezi-Proteste vor Gericht bringen, nicht drei, sondern fünf, zehn, tausend Mal, sie werden immer im Angesicht ihrer Rechtmäßigkeit und Wahrheit verlieren.
„Wir repräsentieren den Widerstand, sie die finsteren Machenschaften“
Wir repräsentieren den Widerstand, sie die finsteren Machenschaften. Während diese Regierung gegen den Dreck ankämpft, den sie aufgrund ihrer Machenschaften geschaffen hat, werden wir als eine aufrechte Volksbewegung in die Geschichte eingehen.
Gezi ist der Wille dieses Volkes, sein eigenes Schicksal zu bestimmen; es ist Ausdruck seiner Entschlossenheit. Wer Gezi einmal erlebt hat, kann das nicht vergessen. Gezi kann nicht vergessen gemacht werden!
„Geist von Gezi lebt in den Kämpfen weiter“
Der Geist von Gezi lebt bei den jungen Menschen an der Boğaziçi-Universität, er lebt bei den Akademiker:innen, die dem Rektorat 142 Tage lang den Rücken kehren, bei Regen oder Sonnenschein. Der Gezi-Widerstand lebt in den Frauen, die im ganzen Land für die Istanbul-Konvention auf die Straße gehen und die trotz der Gewalt der Ordnungskräfte nicht aufgeben. Er lebt in den Dorfbewohner:innen, die die steilen Hänge und steilen Straßen überqueren und es schaffen, sich gegen die Bagger in Ikizdere stellen, und den Dorfbewohner:innen, die ihre Rechte weiter verteidigen, obwohl sie in Wan-Gürpınar mit scharfen Waffen beschossen werden.
„Wir sind immer noch da“
Gezi ist hier, wir sind Gezi! Wir sind schon seit Jahren auf den Plätzen. Wir sind immer noch zusammen, wir sind überall. Wir haben es in Gezi gesagt, wir sagen es auch heute noch: Die Paläste stürzen ein, die Mafia-Banden werden zerschlagen, die Tyrannei endet. Die Dunkelheit vergeht, Gezi bleibt. Es lebe die Gleichheit, es lebe die Freiheit, es lebe die Gerechtigkeit. Lang lebe der Gezi-Widerstand!"
Gülsum Elvan: Ihr lebt in Angst vor Berkin
Berkin Elvan war das jüngste Opfer der Repression gegen den Gezi-Aufstand von 2013. Der Junge war am Rande der Proteste im Istanbuler Viertel Okmeydan durch eine von der Polizei abgefeuerte Gaskartusche schwer verletzt worden und lag vor seinem Tod 269 Tage im Koma. Am 11. März 2014 starb er im Alter von 15 Jahren. Seine Mutter sagte auf der Kundgebung an Regimechef Erdoğan gerichtet: „Egal was du tust, die Furcht vor Berkin wird auf dich fallen. Sie wird dich immer begleiten.“
13 Festnahmen
Bei einer weiteren Gedenkkundgebung für den Gezi-Aufstand wurden in Kocamustafapaşa 13 Aktivist:innen festgenommen.