Gergerlioğlu: Ich werde nicht nachgeben
Der HDP-Abgeordnete Gergerlioğlu steht nach seinen kritischen Erklärungen zur gescheiterten Gare-Invasion im Fokus von staatlichen Angriffen und Hetze.
Der HDP-Abgeordnete Gergerlioğlu steht nach seinen kritischen Erklärungen zur gescheiterten Gare-Invasion im Fokus von staatlichen Angriffen und Hetze.
Der HDP-Abgeordnete Ömer Faruk Gergerlioğlu sieht das vom Kassationshof bestätigte Urteil gegen ihn als offensichtliches Exempel gegen Menschenrechtsaktivisten in der Türkei. „Ich bin nicht der Einzige, der sagt, dass es eine rein politische Entscheidung ist. Es sind nicht nur Politiker oder Anwälte, die das sagen. Alle Mitglieder dieser Gesellschaft sehen die Rechtswidrigkeit deutlich. Ich soll bestraft werden, weil ich ein Menschenrechtsvereidiger bin. Mein parlamentarisches Mandat ist gefährdet“, sagte der Politiker am Montag bei einer Pressekonferenz im Parlament. Der Abgeordnete ist schon länger im Fokus der türkischen Regierung und AKP-naher Medien. Insbesondere, seitdem er wiederholt Nacktdurchsuchungen auf Polizeirevieren und in Haft im Parlament sowie in der parlamentarischen Menschenrechtskommission zur Sprache brachte und zuletzt wegen seiner kritischen Äußerungen gegen die gescheiterte Gare-Invasion der türkischen Armee nahmen die Anfeindungen gegen den 55-Jährigen massiv zu. Am Freitag bestätigte mit dem Kassationshof eines der höchten Gerichte der Türkei eine zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe gegen Gergerlioğlu wegen Terrorpropaganda.
Regierung entledigt sich eines unermüdlichen Kämpfers für Menschenrechte
„Ich werde den Kampf, den ich seit Jahren geführt habe, weiterführen. Dieser Kampf ist auch ein Kampf um Menschenrechte. Ich werde sicher nicht nachgeben, das sollen alle wissen“, sagte Gergerlioğlu. Er sei kein Mensch, der sich unrechtmäßigen Angriffen unterwerfen würde. Wenn dem so wäre, würdee er nicht auf die Straße gehen. „Ich fürchte niemanden außer Gott. Ohne Unterschied habe ich für Menschenrechte gekämpft. Ich habe die Rechtsverletzungen gegen jeden zur Sprache gebracht. Meine Bestrafung ist nichts Neues.“ Auch im Mittelalter seien Menschen dafür bestraft worden, dass sie die Wahrheit sagten, fuhrt der Politiker fort. „Es gibt Folter in der Türkei, Nacktdurchsuchungen, Babys in Gefängnissen, es gibt eine kurdische Frage in der Türkei. Das habe ich gesagt. Ist das alles falsch? Ich habe gegen die Unterdrücker gekämpft und werde dafür verurteilt. Ich habe mein Mandat mit meinem Recht, meinen Kampf, mit den Tränen der Unterdrückten und ihrem Willen erhalten.“
„Als Türke werde ich mich nicht an den Verbrechen gegen die Kurden beteiligen“
Die Entscheidung des Kassationshofs nannte Gergerlioğlu skandalös. Es liege damit eine „ganz klare“ Rechtswidrigkeit vor. „Ich habe gesagt, dass die kurdische Frage gelöst werden sollte. Ich habe gesagt, dass die Gesetze entsprechend korrigiert werden müssen. Den Kurden wird seit Jahren Unrecht getan, und ich habe gesagt, dass dies behoben werden muss. Als Türke werde ich mich nicht an den Verbrechen gegen die Kurden beteiligen.“
Sein einziges Anliegen sei es, dass Menschenrechte in der Türkei gefordert und umgesetzt werden. Deshalb spreche er seit Jahren über die kurdische Frage. „Das habe ich auch vor dem Friedensprozess getan.“ Mit dem Ende dieser Phase sei der Teil der Gesellschaft, der sich für eine Aussöhnung des türkischen Staates und der kurdischen Befreiungsbewegung eingesetzt hat, verteufelt worden. „Ich habe Friedensbotschaften übermittelt. Ich bin Experte für Konfliktlösungen. In der Türkei wird immer noch über die kurdische Frage gesprochen und Abgeordnete sollen aus dem Parlament entfernt werden. Das ist schon vor 20 Jahren gemacht und jetzt tun sie dasselbe. Schande über sie“, so Gergerlioğlu.
Gang zum EGMR angekündigt
Mit Blick auf die bestätigte Haftstrafe gegen ihn kündigte der Politiker an, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu ziehen: „Ich werde bis zum Ende kämpfen. Warum wollen sie mir mein Mandat rauben? Weil wir die Forderungen der Menschen in diesem Land zur Sprache bringen. Sie haben mich verurteilt, aber sie können mir mein Mandat nicht nehmen. Ich gehe davon aus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hier eine Verletzung feststellen wird. Ich sage, es muss auf die Entscheidung des EGMR gewartet werden.“