„Gegen Halise Aksoy wird Feindstrafrecht praktiziert“

Die Mutter des Gefallenen Agit Ipek, Halise Aksoy, ist seit acht Monaten inhaftiert. Am 12. Januar findet ihre zweite Verhandlung statt. Ihre Anwältin ruft die Öffentlichkeit auf, das Verfahren genau zu beobachten.

Halise Aksoy steht stellvertretend für den Kampf und das Leid kurdischer Frauen und insbesondere der Mütter. Bekannt geworden ist sie, als sie vom türkischen Staat die sterblichen Überreste ihres im kurdischen Freiheitskampf gefallenen Sohnes, Agit Ipek, als Paket zugestellt bekam. Sie schwieg zu diesen Angriffen nicht und trat an die Öffentlichkeit. Anschließend wurde sie mit Repressalien überzogen und befindet sich seit dem 25. April 2023 trotz großer gesundheitlicher Probleme in Haft. Ihr Verfahren, in dem sie auf der Grundlage der Aussagen eines Kronzeugen wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Beherbergung und Hilfe für Terroristen“ zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt werden soll, wird am Freitag vor der 10. Strafkammer des Schwurgerichts von Diyarbakır fortgesetzt. Der Kronzeuge Ümit Akbıyık produziert Beschuldigte im Fließbandverfahren und diente bereits als Werkzeug für Anklagen gegen rund 800 für das Regime missliebige Personen.

Widersprüchliche Aussagen von Kronzeugen“

Halise Aksoys Anwältin Zeynep Karayılan äußerte sich zum Verfahren. Sie führte aus: „Aufgrund der Aussagen des Kronzeugen wurde Halise Aksoy der Beherbergung von Organisationsmitgliedern und deren Unterstützung angeklagt. Es gab tiefgreifende Widersprüche zwischen den Aussagen des Kronzeugen in der Anklageschrift und über die Videoschalte in der Verhandlung. Das Gericht ignorierte jedoch diese Widersprüche nicht nur, sondern weigerte sich meine Mandantin freizulassen mit der Begründung, dass es einen anderen geheimen Zeugen jenseits des Kronzeugen gebe und dieser angehört werden müsse. Diese Entscheidung entbehrt natürlich jeder rechtlichen Grundlage.“

Es wird Feindrecht angewandt“

Die Rechtsanwältin kritisierte die fortgesetzte Inhaftierung ihrer Mandantin: „Die Untersuchungshaft ist als letztes Mittel vorgesehen. Seit Beginn des Prozesses wird Halise Aksoy jedoch mit Feindstrafrecht behandelt. Die Strafprozessordnung wurde de facto an den Nagel gehängt. Es gibt drei Zeugenaussagen in der Akte, und alle drei sind irrelevant. Keine der Aussagen stützt die andere. Darüber hinaus wurde in der Anklageschrift auch die Situation ihres Sohnes, dessen Knochen per Fracht verschickt wurden, in die Begründung aufgenommen. Dies allein zeigt, dass das Verfahren gegen Halise Aksoy nicht ordnungsgemäß ist. Halise Aksoy befindet sich seit neun Monaten in Haft und ist chronisch an Diabetes und Bluthochdruck erkrankt. Außerdem leidet sie an zahlreichen anderen Krankheiten. Während ihrer Inhaftierung wurde sie mehrmals ins Krankenhaus eingeliefert. Sie wurde vor ihrer Verhaftung mehrfach an den Augen operiert und hat außerdem eine Magenerkrankung. In unserem letzten Gespräch erzählte sie, dass ihre Beschwerden zugenommen haben.“

Zeynep Karayılan erinnerte daran, dass die zweite Anhörung am 12. Januar stattfinden werde, und rief dazu auf, die Verhandlung genau zu verfolgen. Sie appellierte: „Wir rufen alle Frauenorganisationen und demokratischen Institutionen auf, sich mit Halise Aksoy zu solidarisieren.“