Der Rat der Friedensmütter ist vor einer Woche bei einer Antikriegsmahnwache in der Gemeinde Tilqebîn (tr. Başverimli) nahe des Grenzübergangs in die Kurdistan-Region des Irak von der türkischen Polizei und Jandarma angegriffen worden. Insgesamt 22 Unterstützer:innen der Aktion „Nein zum Krieg, Frieden jetzt sofort!“ wurden gewaltsam festgenommen und erst am nächsten Tag wieder freigelassen. Die Friedensmütter haben sich heute mit der Bitte um juristische Unterstützung an die Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD in Amed (Diyarbakir) gewandt und eine Erklärung abgegeben.
„Die Isolation von Abdullah Öcalan muss aufgehoben werden“
Der IHD-Vorsitzende des Büros in Amed, Ercan Yilmaz, wies darauf hin, dass die Initiative der Friedensmütter sich seit vielen Jahren für eine Lösung der kurdischen Frage einsetzt. Die Mitglieder der Initiative seien Frauen, die großen Schmerz erlebt hätten. „Trotzdem beharren sie auf einer friedlichen Lösung. Die Regierung beachtet ihre Forderungen nicht“, sagte Yilmaz. In der letzten Zeit sei von Regierungsseite über das Thema gesprochen worden, der MHP-Vorsitzende Devlet Bahçeli habe eingeräumt, dass Abdullah Öcalan unter Isolationsbedingungen inhaftiert sei.
„Es ist wertvoll, dass dies im Parlament diskutiert wird, aber bei der Annäherung an das Thema ist es notwendig, einen würdevollen und gerechten Frieden zu gewährleisten, unabhängig von der Tageskonjunktur. Hierfür müssen Schritte unternommen werden. MHP-Chef Bahçeli hat von ,Isolation' gesprochen. Friedensmütter, die das Thema Isolation zur Sprache brachten, waren wiederholt Ermittlungen und harten Eingriffen durch die Polizei ausgesetzt. Heute war von einer Aufhebung der Isolation die Rede. Es wurde genau gesagt, wer der Gesprächspartner für eine Lösung ist. Wir sind der Meinung, dass diese seit Jahren thematisierte Frage wieder in Erinnerung gerufen werden sollte: Die Isolation von Abdullah Öcalan muss aufgehoben werden“, so der IHD-Vorsitzende aus Amed.
„Für eine Lösung muss der Krieg beendet werden“
Meryeme Tura vom Rat der Friedensmütter sagte: „Wir wollten ein Friedenszelt aufstellen, damit kein Blut mehr vergossen wird, damit der schmutzige Krieg aufhört und die Isolation aufgehoben wird. Die Soldaten haben uns den Weg abgeschnitten und gefragt, warum wir gekommen sind. Wir haben gesagt, dass wir für Frieden und Geschwisterlichkeit gekommen sind. Sie sprachen von einem Verbot. Dann griffen sie uns an. Wir wurden eine Nacht festgehalten. Im Gewahrsam sagten wir nochmal, dass die Unterdrückung und das Sterben aufhören sollen und wir mit unseren weißen Kopftüchern für einen würdevollen Frieden eintreten. Für Frieden strecken wir überall die Hand aus. Wir laden die Mütter der Soldaten und Polizisten ein, sich uns anzuschließen.“
Die Friedensmutter Havva Kiran ergänzte: „Uns wurde ein Transparent weggenommen, weil darauf das Wort Isolation vorkam. Heute erklärt Bahçeli, dass Öcalan ins Parlament kommen soll, damit eine Lösung gefunden wird. Die Lösung stand auf dem Transparent, dafür wurden Mütter im Alter von siebzig bis achtzig Jahren mit Gas angegriffen.“ Das sei ein eklatanter Widerspruch. Wenn Verhandlungen über eine Lösung gewünscht seien, müsse vor allem zuerst der Krieg beendet werden.
Was hat Bahçeli gesagt?
Devlet Bahçeli hat heute auf der Fraktionssitzung seiner Partei in Ankara seine Aufforderung von letzter Woche an Abdullah Öcalan wiederholt, die PKK aufzulösen. Unter anderem sagte der MHP-Vorsitzende, Öcalan solle auf einer Sitzung der DEM-Fraktion im Parlament erklären, „dass der Terrorismus völlig überwunden ist und die Organisation aufgelöst ist. Wenn er diese Standhaftigkeit zeigt, sollte der Weg für eine gesetzliche Regelung zur Ausübung des Rechts auf Hoffnung weit offen sein“. Der PKK-Begründer Abdullah Öcalan ist seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftiert, seit März 2021 gibt es kein Lebenszeichen mehr.