EU-Ministerrat: Beitrittsverhandlungen mit der Türkei bleiben eingefroren

Der EU-Ministerrat kritisiert „besorgniserregende Rückschritte“ in Sachen Demokratie und Rechtstaatlichkeit in der Türkei und friert die EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei weiter ein.

Seit mehreren Jahren sind die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eingefroren. Nach Entscheidung des EU-Ministerrats wird dies auch weiterhin so bleiben. Während der Rat die „Deeskalation im Mittelmeer“ lobt, bekräftigt er „seine ernste Besorgnis über die weiteren und zutiefst besorgniserregenden Rückschritte in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, einschließlich der Meinungsfreiheit, sowie über den systemischen Mangel an Unabhängigkeit der Justiz. Eine Reihe von restriktiven Maßnahmen, die während des Ausnahmezustands ergriffen wurden, wurden in das Gesetz aufgenommen und haben tiefgreifende negative Auswirkungen auf die Menschen in der Türkei. Die Zivilgesellschaft und ihre Organisationen agieren unter ständigem Druck in einem zunehmend herausfordernden Umfeld.

Systemischer Mangel an Unabhängigkeit der Justiz“

Der systemische Mangel an Unabhängigkeit der Justiz und unangemessener Druck auf die Justiz kann ebenso wenig geduldet werden wie die anhaltenden Beschränkungen, Festnahmen, Inhaftierungen und anderen Maßnahmen, die sich gegen Journalisten, Akademiker, Mitglieder politischer Parteien, einschließlich Parlamentarier, Anwälte, Menschenrechtsverteidiger, Nutzer sozialer Medien und die Ausübung ihrer Grundrechte und -freiheiten richten.

Rat ermahnt Türkei zur „Achtung der Integrität des Wahlprozesses“

Der Rat betont, wie wichtig es ist, die Rechtmäßigkeit und Integrität des Wahlprozesses zu achten, insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreichen Verhaftungen, Entlassungen und Ersetzungen demokratisch gewählter Bürgermeister und der gezielten Verfolgung von Oppositionsparteien und ihren Mitgliedern. Der Rat bekräftigt seine tiefe Besorgnis über die weiterhin gemeldeten negativen Entwicklungen in diesen Bereichen, erinnert an die internationalen Normen und Verpflichtungen, denen sich die Türkei angeschlossen und verpflichtet hat, und fordert die Türkei auf, die negativen Entwicklungen umgehend umzukehren und die zahlreichen schwerwiegenden Mängel, die im Bericht der Kommission festgestellt wurden, glaubwürdig anzugehen.

„Türkei muss EGMR-Urteile umsetzen und Konventionen einhalten“

Die Türkei sollte auch ihre Zusammenarbeit mit dem Europarat und seinen einschlägigen Gremien und Institutionen intensivieren, deren wichtigste Empfehlungen umsetzen, die Europäische Menschenrechtskonvention und andere internationale Menschenrechtsabkommen deren Vertragspartei die Türkei ist, vollständig umsetzen und alle Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang mit Artikel 46 EMRK vollstrecken.“

Damit bezieht sich der Europarat auf die fehlende Umsetzung von EGMR-Urteilen durch den türkischen Staat, wie die Freilassung des inhaftierten ehemaligen Ko-Vorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtaş und des Mäzens Osman Kavala.

Türkische Außenpolitik kollidiert mit EU-Interessen

Zur expansionistischen Außenpolitik der Türkei heißt es: „Der Rat stellt mit Besorgnis fest, dass die Außenpolitik der Türkei zunehmend mit den Prioritäten der EU im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik kollidiert, unter anderem in Bezug auf Libyen und die Operation IRINI. Im Einklang mit dem gemeinsamen Interesse der EU und der Türkei an Frieden und Stabilität in der Region erwartet der Rat, dass die Türkei und alle Akteure einen positiven Beitrag zur Lösung regionaler Krisen leisten.“

Keine weiteren Kapitel im EU-Beitrittsverfahren können in Betracht gezogen werden“

Beredsam beschwiegen werden hier die völkerrechtswidrigen Invasionen der Türkei in Rojava und Südkurdistan, bei denen schwerste Kriegsverbrechen begangen werden. Kritisiert wird jedoch die destruktive Rolle der Türkei im Zypernkonflikt. Der Rat stellt fest, „dass sich die Türkei weiterhin von der Europäischen Union entfernt, und erinnert an seine frühere Schlussfolgerung, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei praktisch zum Stillstand gekommen sind und keine weiteren Kapitel für die Eröffnung oder den Abschluss in Betracht gezogen werden können“.