Ermittlung gegen Gericht, das Zeydans Bürgerrechte wiederherstellte

In der Causa um Abdullah Zeydan gibt sich die türkische Justiz zäh. Der Rat der Richter und Staatsanwälte hat eine Untersuchung gegen das Gericht eingeleitet, das die Bürgerrechte des kurdischen Politikers wiederhergestellt hat.

Türkische Justiz

In der Causa um Abdullah Zeydan gibt sich die türkische Justiz zäh. Der Rat der Richter und Staatsanwälte (HSK) hat eine Untersuchung gegen das Gericht eingeleitet, das die Bürgerrechte des kurdischen Politikers – auch die zur Kandidatur für ein politisches Amt – wiederhergestellt hatte. Der HSK ermittle gegen die Mitglieder der 5. Strafkammer für schwere Straftaten in Amed (tr. Diyarbakır), berichtete der türkische Dienst der Deutschen Welle am Donnerstag.

Die Entscheidung zur Untersuchung kam nur einen Tag, nachdem Zeydans Wahl zum Oberbürgermeister der kurdischen Großstadt Wan (tr. (Van) anerkannt wurde. Der DEM-Kandidat war am Sonntag mit 55 Prozent der Stimmen gewählt worden, zum Bürgermeister ernannt worden war aber zunächst der mit 27,1 Prozent weit abgeschlagene Kandidat der islamistischen Regierungspartei AKP. Nach DEM-Angaben war Zeydan auf Initiative des Justizministeriums das Recht zur Kandidatur kurzfristig wieder entzogen worden.

Hintergrund des Vorgehens war, dass die 5. Strafkammer Diyarbakır ihre eigene Entscheidung aus dem Jahr 2022 nach einem Einspruch des Justizministeriums revidierte. Damals hatte Zeydan nach einer mehrjährigen Freiheitsstrafe die Wiedererlangung aller bürgerlichen Rechte beantragt. Das Gericht genehmigte den Antrag damals, zog die eigene Entscheidung aber nur zwei Tage vor der Wahl wieder zurück, ohne Zeydan darüber zu informieren. In einer Erklärung, die der reginale Wahlausschuss in Wan im Nachgang veröffentlichte, hieß es, Zeydan habe seine politischen Rechte wegen der Verurteilung verwirkt. Der 52-Jährige war 2016 verhaftet und später wegen Unterstützung für eine „Terrororganisation“ und Propaganda für selbige zu etwas mehr als acht Jahren Haft verurteilt worden.

Der HSK, der unter anderem zuständig ist für die disziplinarrechtliche Kontrolle der Gerichte, begründet die Ermittlung mit einer „fehlerhaften Entscheidung“ der Strafkammer Diyarbakır. Diese hätte die Bürgerrechte Zeydans viel zu früh, nämlich vor Ablauf der gesetzlich festgelegten Tilgungsfrist von drei Jahren wiederhergestellt. Da die Entscheidung seit April vergangenen Jahres aber rechtskräftig ist, kann sie auch nicht mehr angefochten, und schon gar nicht von einer Strafkammer wieder aufgehoben werden. Die einzige Möglichkeit, die das türkische Strafgesetz bietet, Zeydans Bürgerrechte wieder zu entziehen, ist zwar ein Einspruch des Justizministeriums „zugunsten des Gesetzes“. Die Entscheidung aufheben kann aber nur der Kassationshof (Yargıtay) als oberstes Berufungsgericht der Türkei. Doch bis es so weit ist, bleibt Zeydan im Amt. Sollte der Kassationshof dann tatsächlich eine Entscheidung über die Annullierung von Zeydans Wahl zum Oberbürgermeister treffen, müsste die Stadtverordnetenversammlung in Wan einen Nachfolger bestimmen. Aber auch dort bildet die DEM-Partei die Mehrheit.